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Lexikon der Chemie: kritischer Punkt

kritischer Punkt, kritischer Zustand, allgemein derjenige Punkt in einem Zweiphasensystem, an dem die beiden koexistierenden Phasen in all ihren Eigenschaften (z. B. Dichte, Zusammensetzung, Brechungsindex) übereinstimmen.

1) Als k. P. im engeren Sinne bezeichnet man den Punkt im Phasengleichgewicht flüssig-gasförmig reiner Stoffe, an dem sich beide Phasen nicht mehr unterscheiden. Die Dampfdruckkurve endet an diesem Punkt. Oberhalb des k. P. liegt eine einheitliche überkritische Phase vor. Für die Existenz eines analogen k. P. für das Phasengleichgewicht flüssig-fest gibt es bisher keine eindeutigen Hinweise.

Die Zustandsgrößen, durch die der k. P. eines Stoffes festgelegt ist, bezeichnet man als seine kritischen Daten: kritischer Druck pkrit, kritische Temperatur Tkrit und kritisches Molvolumen Vkrit. Tkrit und pkrit können experimentell bestimmt werden, indem man das abgeschlossene Zweiphasensystem bis zum Verschwinden der Phasengrenze erwärmt oder die kritische Phase bis zum Zerfall in zwei Phasen abkühlt. Die Bestimmung des kritischen Volumens erfolgt aus der kritischen Dichte dkrit mit Hilfe der Cailletet-Mathiasschen Regel. Nach der Guldbergschen Regel beträgt die Siedetemperatur nicht assoziierender Flüssigkeiten bei Normaldruck etwa 2/3 der kritischen Temperatur. Kritische Daten können auch aus den thermischen Zustandsgleichungen realer Stoffe berechnet werden, weil die kritische Isotherme im pv-Diagramm einen horizontalen Wendepunkt hat. Aus der van-der-Waalsschen Gleichung folgt z. B. Vkrit = 3b, pkrit = a/27b2, Tkrit = 8a/27b·R, wobei a und b die van-der-Waalsschen Stoffkonstanten und R die Gaskonstante bedeuten. Die so bestimmten kritischen Daten gelten ebenso wie die van-der-Waalssche Gleichung nur angenähert (Tab.).

kritischer Punkt. Tab.: Kritische Daten einiger Stoffe.

Tkrit
in K
pkrit
in MPa
Vkrit
in dm³
dkrit
in kg m-3
Helium 4,22 0,226 0,061 69
Wasserstoff 33,25 1,29 0,061 31
Stickstoff 126,15 3,39 0,087 311
Sauerstoff 154,75 5,06 0,074 430
Kohlendioxid 304 7,29 0,096 460
Pentan 470 3,3 0,310 232
Methanol 513 10,0 0,117 358
Benzen 561,8 4,85 0,256 305
Chlorbenzen 632,4 4,52 0,308 365
Wasser 647,05 22,04 0,056 316

2) In binären Systemen, die zwei nicht in jedem Verhältnis miteinander mischbare Stoffe enthalten (Mischungslücke), spricht man von einem oberen kritischen Mischungspunkt, wenn oberhalb, und von einem unteren kritischen Mischungspunkt, wenn unterhalb seiner Temperatur vollständige Mischbarkeit vorliegt. K. P. werden durch die Zusammensetzung und die Temperatur festgelegt und sind druckabhängig.

  • Die Autoren
Dr. Andrea Acker, Leipzig
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Prof. Dr. Walter Dannecker, Hamburg
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Dr. Claus-Stefan Dreier, Hamburg
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Dr. Wolf Eberhard Kraus, Dresden
Dr. Günter Kraus, Halle
Prof. Dr. Ulrich Liebscher, Dresden
Dr. Wolfgang Liebscher, Berlin
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Dr. Hartmut Ploss, Hamburg
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Dr. Helmut Schmiers, Freiberg
Prof. Dr. Klaus Schulze, Leipzig
Prof. Dr. Rüdiger Stolz, Jena
Prof. Dr. Rudolf Taube, Merseburg
Dr. Ralf Trapp, Wassenaar, NL
Dr. Martina Venschott, Hannover
Prof. Dr. Rainer Vulpius, Freiberg
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Prof. Dr. Manfred Weißenfels, Dresden
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Fachkoordination:
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Redaktion:
Sabine Bartels, Ruth Karcher, Sonja Nagel


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