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Lexikon der Chemie: Photosynthese

Photosynthese, im weiteren Sinne chem. Reaktionen, bei denen durch Lichteinwirkung chem. Verbindungen synthetisiert werden, im engeren Sinne die in Pflanzen stattfindende Umwandlung von Lichtenergie in chem. Energie unter der Beteiligung von Chlorophyll. Die durch P. fixierte Energie beträgt 3·1021 J je Jahr. Die P. ist die Basis für die jährliche Produktion von 1,7·1011 t Trockenbiomasse.

Die P. der höheren Pflanzen und der Algen findet in den Chloroplasten statt. Die Chloroplasten sind von einer Membranhülle umgeben und enthalten ein als Thylakoid bezeichnetes stapelförmiges Membransystem und eine lösliche Matrix.

Summarisch läßt sich die P. der höheren Pflanze durch die Gleichung



zusammenfassen.

Die P. vollzieht sich in zwei Teilen: 1) Lichtreaktion (Primärreaktion): Bei der in den Thylakoidmembranen der Chloroplasten lokalisierten Lichtreaktion werden unter Wasserspaltung (Photolyse des Wassers) Reduktionsäquivalente (NADPH + H+) und Energie (ATP) bereitgestellt: H2O + NADP+ +

2 ADP + Pa

NADPH + H+ + 1/2 O2 + 2 ATP.

Während aus dem cyclischen Elektronentransport nur ATP hervorgeht (Photophosphorylierung), entstehen beim nicht-cyclischen Elektronentransport neben ATP auch das Reduktionsäquivalent NADPH.

2) Dunkelreaktion (Sekundärreaktion): Bei der im Stromaraum der Chloroplasten lokalisierten Dunkelreaktion werden über eine cyclische Reaktionsfolge (Calvin-Cyclus, reduktiver Pentosephosphat-Cyclus) – unter Verbrauch von NADPH und ATP – Kohlenhydrate aus energiearmen anorganischen Molekülen (CO2, HCO3-) synthetisiert (assimilatorische CO2-Fixierung).

Lichtkonversion. An der Absorption des Lichtes sind außer den Chlorophyllen noch weitere Pigmente, insbesondere die Carotinoide, beteiligt. Dadurch kann ein größerer Wellenlängenbereich zur Energiegewinnung ausgenutzt werden. In den Chloroplasten können im wesentlichen zwei Chlorophyllpopulationen unterschieden werden. Etwa 99 % des Chlorophylls liegt als Antennenchlorophyll vor, das das Licht absorbiert (Lichtsammlersystem) und zu einem speziellen Chlorophyllmolekül im Reaktionszentrum weitergibt. Dieses besonders langwellig absorbierende Chlorophyllmolekül (Photosystem I: Chlorophyll P 700, Photosystem II: Chlorophyll P 680) wird dadurch angeregt, d. h. in den ersten Singulett-Anregungszustand gehoben und schließlich intermediär positiviert unter Elektronenabgabe an einen Akzeptor (A). Unter weiterer Beteiligung eines Donors (D) erfolgt praktisch eine lichtinduzierte Ladungstrennung. Für den Transport eines Elektrons sind zwei Quanten erforderlich. Der Elektronenakzeptor ist an eine Folge von Redoxüberträgern mit Ferredoxin als Endglied gekoppelt, das die Elektronen direkt auf die Protonen des Wassers unter Bildung von Wasserstoff übertragen kann. Dieser Elektronentransport verläuft bereits als Dunkelreaktion ab. Der Elektronentransportkette gehören Plastochinon, verschiedene Cytochrome, Plastocyanin sowie Ferredoxin an. In der höheren Pflanze sind zwei Photosysteme (II und I) hintereinander gekoppelt, die sich durch die Chlorophylle des Reaktionszentrums (P 680 und P 700), die Elektronendonoren (DII und DI) sowie die Elektronenakzeptoren (AII und AI) unterscheiden. Durch Hemmstoffe (Photosyntheseinhibitoren) können einzelne Reaktionen der P. spezifisch ausgeschaltet werden. Dabei werden verschiedene Typen unterschieden: 1) Hemmstoffe, die den Elektronentransport zwischen den beiden Photosystemen blockieren; 2) Entkoppler, die den Elektronentransport von der ATP-Bildung trennen; 3) Hemmstoffe, die direkt die ATP-Bildung unterbinden; 4) Hemmstoffe, die sowohl den Elektronentransport als auch die Photophosphorylierung blockieren; 5) Elektronenakzeptoren, die den Elektronenfluß aus den Redoxreaktionen des photosynthetischen Elektronentransports in andere Systeme ableiten. Verschiedene dieser Hemmstoffe haben als Herbizide große Bedeutung erlangt.

Der zweite Teil der P. beginnt mit der CO2-Fixierung im Calvin-Cyclus. Die Fixierung erfolgt – katalysiert durch die Ribulose-1,5-bisphosphat-Carboxylase – primär an einem C5-Körper, dem Ribulosebisphosphat. Der intermediär durch Carboxylierung gebildete C6-Körper wird in zwei Moleküle Phosphoglycerat (C3-Körper) gespalten. In Teilschritten entsteht unter Verbrauch von ATP und NADPH Glycerinaldehyd-3-phosphat, das die Ausgangssubstanz für die Bildung von C6-Zuckerphosphaten ist. Die erneute Bereitstellung des CO2-Akzeptors Ribulosebisphosphat erfolgt – unter Zuhilfenahme von Enzymen des Pentosephosphat-Cyclus (Transketolase, Aldolase) – vom Fructose-6-phosphat und Glycerinaldehyd-3-phosphat aus. Die Energie- und Stoffbilanz des Calvin-Cyclus lautet: 6 CO2 + 18 ATP + 12 NADPH + 12 H+ + 12 H2O → Hexose + 18 ADP + 18 Pa + 12 NADP+.

Auch Cyanobakterien gewinnen unter aeroben Bedingungen ATP und NADPH in lichtabhängigen Reaktionen.

Phototrophe Bakterien (Purpurbakterien, grüne Schwefelbakterien) besitzen nur ein Photosystem (P 870 bzw. P 840), das einerseits beim Vergleich der wirksamen Redoxpotentiale dem Photosystem I der höheren Pflanzen entspricht, andererseits von der Struktur her eher mit dem Photosystem II vergleichbar ist. Da keine Photolyse des Wassers stattfindet, entsteht kein molekularer Sauerstoff. Phototrophe Bakterien sind deshalb auf andere organische oder anorganische (vor allem Schwefelwasserstoff) Wasserstoff- bzw. Elektronendonoren angewiesen. Sie führen die P. unter streng anaeroben Bedingungen durch und gewinnen in lichtabhängigen Reaktionen – durch cyclische Photophosphorylierung – nur ATP. Die Gewinnung von NAD(P)+ geschieht durch einen ATP-getriebenen rückläufigen Elektronentransport. Der Calvin-Cyclus entspricht dem bei Pflanzen. Einige phototrophe Bakterien (grüne Schwefelbakterien) fixieren CO2 über einen reduktiven Citronensäure-Cyclus.

Außer an der optimalen Nutzung der auf der P. beruhenden Biomasseproduktion ist man gegenwärtig intensiv bemüht, die P. in zellulären und zellfreien Systemen technisch zur Energiegewinnung auszunutzen. Die größte Aussicht scheint gegenwärtig die Primärreaktion zur Gewinnung von Wasserstoff als chem. Energieträger zu haben (aerobe phototrophe Wasserstoffbildung).

  • Die Autoren
Dr. Andrea Acker, Leipzig
Prof. Dr. Heinrich Bremer, Berlin
Prof. Dr. Walter Dannecker, Hamburg
Prof. Dr. Hans-Günther Däßler, Freital
Dr. Claus-Stefan Dreier, Hamburg
Dr. Ulrich H. Engelhardt, Braunschweig
Dr. Andreas Fath, Heidelberg
Dr. Lutz-Karsten Finze, Großenhain-Weßnitz
Dr. Rudolf Friedemann, Halle
Dr. Sandra Grande, Heidelberg
Prof. Dr. Carola Griehl, Halle
Prof. Dr. Gerhard Gritzner, Linz
Prof. Dr. Helmut Hartung, Halle
Prof. Dr. Peter Hellmold, Halle
Prof. Dr. Günter Hoffmann, Eberswalde
Prof. Dr. Hans-Dieter Jakubke, Leipzig
Prof. Dr. Thomas M. Klapötke, München
Prof. Dr. Hans-Peter Kleber, Leipzig
Prof. Dr. Reinhard Kramolowsky, Hamburg
Dr. Wolf Eberhard Kraus, Dresden
Dr. Günter Kraus, Halle
Prof. Dr. Ulrich Liebscher, Dresden
Dr. Wolfgang Liebscher, Berlin
Dr. Frank Meyberg, Hamburg
Prof. Dr. Peter Nuhn, Halle
Dr. Hartmut Ploss, Hamburg
Dr. Dr. Manfred Pulst, Leipzig
Dr. Anna Schleitzer, Marktschwaben
Prof. Dr. Harald Schmidt, Linz
Dr. Helmut Schmiers, Freiberg
Prof. Dr. Klaus Schulze, Leipzig
Prof. Dr. Rüdiger Stolz, Jena
Prof. Dr. Rudolf Taube, Merseburg
Dr. Ralf Trapp, Wassenaar, NL
Dr. Martina Venschott, Hannover
Prof. Dr. Rainer Vulpius, Freiberg
Prof. Dr. Günther Wagner, Leipzig
Prof. Dr. Manfred Weißenfels, Dresden
Dr. Klaus-Peter Wendlandt, Merseburg
Prof. Dr. Otto Wienhaus, Tharandt

Fachkoordination:
Hans-Dieter Jakubke, Ruth Karcher

Redaktion:
Sabine Bartels, Ruth Karcher, Sonja Nagel


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