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Lexikon der Chemie: Weichmacher

Weichmacher, Plastifikatoren, flüssige oder feste organische Verbindungen mit geringer Flüchtigkeit, die sich in Polymere einarbeiten lassen und diesen lange Zeit anhaltende, gewünschte physikalische Eigenschaften, z. B. Dehnbarkeit, Plastizität, Elastizität, verringerte Härte und erniedrigte Einfriertemperatur, verleihen. Ein W. soll chemisch stabil, physiologisch unbedenklich und mit dem Hochpolymeren gut verträglich sein. Die Wirkung von W. und das deformationsmechanische Verhalten von weichgemachten Kunststoffen kann durch die Temperaturabhängigkeit des dynamischen Schub- und Elastizitätsmoduls beschrieben werden. Ein Maß für die weichmachende Wirkung verschiedener W. für ein bestimmtes Polymerisat ist die Erniedrigung der Glastemperatur bei gegebener Weichmacherkonzentration. Bei der Weichmachung wird zwischen einer inneren und einer äußeren unterschieden. Unter innerer Weichmachung versteht man einen Eingriff in den chem. Aufbau des Makromoleküls. So ist z. B. durch teilweise Veretherung oder Veresterung der freien Hydroxygruppen -OH des starren Cellulosemakromoleküls eine gewisse Auflockerung des festen Gefüges möglich, so daß ein Weichmachungseffekt erzielt wird. Weiterhin kann man die Nachchlorierung des Polyvinylchlorids PVC, wobei in jedes dritte Grundmolekül des PVC ein Chloratom eingebaut und dadurch eine Auflockerung erreicht wird, und auch verschiedene Arten der Mischpolymerisation, durch die ein besonders unregelmäßiger Aufbau des Hochpolymeren zustande kommt, als innere Weichmachung ansehen. Unter äußerer Weichmachung versteht man die Verbesserung der Eigenschaften eines Hochpolymeren durch Zusatz von W.

Einteilung. Man unterscheidet zwischen gelatinierenden W., d. s. solche, die das Polymere lösen, und W., die weder lösend noch quellend auf das Polymere wirken, aber ebenfalls in gewissen Mengen mit dem Polymerisat verträglich sind.

1) Ester dienen zum Weichmachen von polaren Polymeren. a) Phosphorsäureester. Besonders geeignet als W. sind die Phosphorsäuretriester von ein- und mehrwertigen aliphatischen Alkoholen und von Phenol und seinen Homologen, z. B. Tributylphosphat für Vinylpolymerisate, Cellulosederivate, Natur- und Synthesekautschuksorten; Trimethylglycolphosphat und Tributylglycolphosphat für Cellulosenitrat; Triphenylphosphat für Celluloseacetat und Tricresylphosphat für viele Cellulosederivate und für Polymerisationsprodukte der Alken-, Isoalken- und Vinylreihe, insbesondere für Polyvinylchlorid. b) Carbonsäureester. Von den Estern der gesättigten aliphatischen Carbonsäuren mit längerkettigen Alkoholen und Polyolen sind als W. z. B. bekannt Glycerintriacetat (Triacetin), Glycerintripropionat (Tripropionin), Glycerintriethylbutyrat und Triglycolethylbutyrat zur Weichmachung von Polyvinylbutyral; Diglycoldicaprylat für Synthesekautschuk und Butylstearat als nichtlösender W. für Cellulosenitrat. Hierher gehören auch die W., die durch Veresterung von Vorlauffettsäuren der Paraffinoxidation mit einwertigen Alkoholen, wie Tetrahydrofurfurylalkohol und 2-Ethylhexanol, sowie vor allem mit Polyolen, wie Hexantriol, Pentaerythrit und Trimethylpropan, erhalten werden. Praktische Bedeutung als W. haben außerdem vor allem die Ester der geradkettigen gesättigten Dicarbonsäuren, wie Adipin-, Acelain-, Sebacin- und Bernsteinsäure, ferner die Ester der Glycol-, Milch- und Ricinolsäure sowie die Phthalsäureester.

2) Kohlenwasserstoffe sind unpolare W. Sie können höchstens im Gemisch mit polaren W. (Ester) für polare, im übrigen nur für unpolare Polymere eingesetzt werden. Besonders die aromatischen und hydroaromatischen Kohlenwasserstoffe (z. B. höhere Alkylbenzole, Diphenyl und seine Derivate), Alkylnaphthaline und Aromaten enthaltende Gemische (Anthracenöl und naphthenische schwere Erdöldestillate) können als W. eingesetzt werden.

3) Für einige Spezialfälle dienen Alkohole, vor allem Polyole, wie Glycerin, Triethylenglycol und Hexantriol, oder Phenole, und zwar mehrkernige Produkte und Kondensate aus Ketonen mit Phenolen, z. B. Diphenylolpropan, als W.

4) Als halogenhaltige W. werden langkettige, chlorierte Alkane, Chlorhydrinester, Halogenderivate des Diphenyls und dessen homologer Verbindungen sowie chlorierte mehrkernige Aromaten eingesetzt.

5) Von den schwefelhaltigen W. sind neben einigen Thioethern, z. B. dem Dibenzylether des Thiodiglycols – einem Gemisch aus Ditolylsulfid und Thianthren – sowie den Alkylarylsulfonen, vor allem die Ester aliphatischer Sulfonsäuren mit Phenolen und N-alkylierte Arylsulfonamide, technisch bedeutend.

6) Stickstoffhaltige W. finden sich in der Gruppe der Carbonsäureamide, der Nitrile und der aliphatischen und aromatischen Nitroverbindungen.

7) Epoxidierte Fettsäureester, z. B. epoxidierte Leinölester und Sojaölester verbessern die Licht- und Wärmestabilität sowie das Kälteverhalten von Weich-PVC.

8) Von den W., die Carbonylgruppen enthalten, ist Campher, der älteste W. überhaupt, der wichtigste Vertreter.

9) Als hochmolekulare W. kommen Verbindungen aus der Reihe der Polyolefine und der Polyester von niedrigem Polymerisationsgrad in Frage.

Weichmacher. Tab.: Wichtige Beispiele.

Kurzbezeichnung Zusammensetzung
ABG
ASE

DBP
DBS
DIBP
DIDA
DIDP
DIOP
DOA
DOP
DOS
DOZ
ELO
ESO
TCF
TOF
TPE
Adipinsäurebutenylglycolpolyester
Alkylsulfonsäureester des Phenols
und der Cresole
Dibutylphthalat
Dibutylsebacinat
Di-isobutylphthalat
Di-isodecyladipinat
Di-isododecylphthalat
Di-isooctylphthalat
Di-2-ethylhexyladipinat
Di-2-ethylhexylphthalat
Di-2-ethylhexylsebacinat
Di-2-ethylhexylacelainat
epoxidierte Leinölester
epoxidierte Sojaölester
Tricresylphosphat
Tri-2-ethylhexylphosphat
Triphenylphosphat

Verarbeitung. 1) Der W. wird direkt mit dem Polymeren, das in pulvriger, körniger oder granulierter Form vorliegen kann, auf Kalandern, Mischwalzen, Knetern u. a., gegebenenfalls in der Wärme, vermischt. 2) Das Polymere wird in einer Lösung des W. gelöst, z. B. bei der Verarbeitung von Cellulosenitrat in alkoholischer Campherlösung zur Herstellung von Celluloid und bei der gesamten Lackherstellung, bei der sich das Lösungsmittel dann verflüchtigt. 3) Der Kunststoff absorbiert den W. aus seiner Emulsion oder Lösung. 4) Der W. kann in die Polymerisationslösung oder die Polymerisationsdispersion eingearbeitet werden, eine Methode, die besonders bei Anfall von Rohpolymerisationslösungen z. B. in der Lackindustrie angewendet wird. 5) Der W. wird dem Monomeren vor der Polymerisation zugesetzt. Die verwendeten Weichmachermengen schwanken stark, je nach den Eigenschaften, die das Fertigprodukt aufweisen soll. In besonderen Fällen können sogar bis 100 % W. eingearbeitet werden.

  • Die Autoren
Dr. Andrea Acker, Leipzig
Prof. Dr. Heinrich Bremer, Berlin
Prof. Dr. Walter Dannecker, Hamburg
Prof. Dr. Hans-Günther Däßler, Freital
Dr. Claus-Stefan Dreier, Hamburg
Dr. Ulrich H. Engelhardt, Braunschweig
Dr. Andreas Fath, Heidelberg
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Fachkoordination:
Hans-Dieter Jakubke, Ruth Karcher

Redaktion:
Sabine Bartels, Ruth Karcher, Sonja Nagel


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