Lexikon der Ernährung: Ökotrophologie
Ökotrophologie, Oecotrophologie, Haushalts- und Ernährungswissenschaften, von griech. oikos, Haus, Haushalt, und trophä, Nahrung, Ernährung, die Wissenschaft vom Haushalt und der Ernährung, eine fächerübergreifende Disziplin bestehend aus der Haushaltswissenschaft mit schwerpunktmäßig betriebswirtschaftlichen, sozialen und technischen Inhalten und der Ernährungswissenschaft, die stärker naturwissenschaftlich orientiert ist. Charakteristisches Merkmal der Ö. ist ihre Interdisziplinarität (s. Essay).
Studium: Eigenständige Diplom-Studiengänge für Haushalts- und Ernährungswissenschaften wurden in Deutschland in den 60er Jahren eingerichtet, erstmals 1962 in Gießen. In den 70er Jahren entstanden auch Fachhochschulstudiengänge (Tab. 1). Mittlerweile ist das Studium an sieben Universitäten (vorwiegend theoretisch und wissenschaftlich ausgerichtet, mind. 8–9 Semester) und sechs Fachhochschulen (problem- und praxisbezogener ausgerichtet, mind. 7–8 Semester) möglich. Allerdings können nicht in allen Studieneinrichtungen beide Fächer gemeinsam studiert werden: In Stuttgart-Hohenheim existieren zwei separate Studiengänge, Ernährungswissenschaft und Haushaltsökonomie, in Jena und Potsdam wird Ernährungswissenschaft allein als Studiengang angeboten. Tendenziell wird dadurch eine höhere Spezialisierung bei geringerer Interdisziplinarität erreicht.
Zurzeit werden außerdem an mehreren Universitäten Studiengänge mit den international anerkannten Abschlüssen Bachelor of Science und Master of Science eingerichtet, erstmals in Kiel seit dem Sommersemester 2001.
An den Universitäten besteht außerdem die Möglichkeit, eine Promotion zu absolvieren (Dr. oec. troph, teilweise auch Dr. agr., Dr. rer. nat., Dr. rer. soc.). Eine Habilitation ist ebenfalls möglich.
Studieninhalt: Während des Grundstudiums der Ö. werden v. a. natur-, sozial-, und wirtschaftswissenschaftliche Grundkenntnisse vermittelt. Kernfächer sind Chemie, Physik, Biologie, Anatomie, Physiologie, Statistik, Soziologie und Wirtschaftslehre. Im Hauptstudium erfolgt an den Universitäten (studienortabhängig) die Spezialisierung in die Fachrichtungen Ernährungswissenschaft, Haushaltswissenschaft (bzw. Haushalts- und Ernährungsökonomik) und Ernährungsökonomie (nur in Gießen). An den Fachhochschulen ist z. T. eine Spezialisierung durch Studienschwerpunkte möglich. Das Fächerangebot ist entsprechend spezieller. Es beinhaltet z. B. Ernährungslehre, Lebensmittellehre, Lebensmitteltechnologie, Ernährungswirtschaft, Haushaltsökonomik und -soziologie, Beratungswesen- und Kommunikationswesen, Betriebswirtschaftslehre, Ernährungswirtschaft, Lebensmittelrecht u. a.
Außer mit dem Diplomstudiengang kann die Berufsbezeichnung staatlich geprüfte Ökotrophologin in Nordrhein-Westfalen durch eine zweijährige berufliche Fortbildung nach entsprechender Berufsausbildung und Berufserfahrung erworben werden. Diese Fortbildung entspricht in anderen Bundesländern der der staatlich geprüften hauswirtschaftlichen Betriebsleiterin oder staatlich geprüften Hauswirtschaftsleiterin.
Arbeitsfelder und Berufsaussichten: Entsprechend der Interdisziplinarität der Ö. sind die Tätigkeitsfelder für Ökotrophologen vielfältig. Eine Auswahl zeigt die Tabelle 2.
Hauptanstellungsträger für Ökotrophologen sind Industrieunternehmen, Institutionen der Beratung und Erwachsenenbildung, Großhaushalte, Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung und Gastronomie, Verlage und Agenturen sowie Einrichtungen der Forschung und Lehre.
Ökotrophologie: Tab. 1. Übersicht über die Studiengänge für Ökotrophologie an Universitäten und Fachhochschulen. [Quellen: Bundesanstalt für Arbeit: Blätter zur Berufskunde. Schreibweisen der Fakultäten wurden beibehalten.]
Universität | Studiengang und angebotene Fachrichtung | akademischer Abschluss |
Bonn | Ernährungs- und Haushaltswissenschaft Fachrichtungen: ErnährungswissenschaftHaushaltswissenschaft | Diplom-Oecotrophologe / in (Dipl. oec. troph.) |
Gießen | Haushalts- und Ernährungswissenschaften Fachrichtungen: Haushaltswissenschaft ErnährungswissenschaftErnährungsökonomie | Diplom-Oecotrophologe / in (Dipl. oec. troph.) |
Jena | Ernährungswissenschaft | Diplom-Ernährungswissenschaftler / in (Dipl. troph.) |
Kiel | Ökotrophologie Fachrichtungen ErnährungswissenschaftHaushalts- und Ernährungsökonomik | Diplom-Ökotrophologe / in (Dipl. oec. troph.) |
München-Weihenstephan | Ökotrophologie Fachrichtungen Haushaltswissenschaft Ernährungswissenschaft | Diplom-Ökotrophologe / in (Dipl. oec. troph.) |
Potsdam | Ernährungswissenschaft | Diplom-Ernährungswissenschaftler / in (Dipl.-Ernähr.) |
Stuttgart-Hohenheim | 1. Haushaltsökomonie 2. Ernährungswissenschaft | Diplom-Haushaltsökonom Diplom-Ernährungswissenschaftler / in |
Fachhochschule | Studiengang und angebotene Schwerpunkte | akademischer Abschluss |
Anhalt | ErnährungHaushaltHygiene | Diplom-Ökotrophologe / in (FH) |
Fulda | Ausbildung und BeratungBetrieb und Markt | Diplom-Oecotrophologe / in (FH) |
Hamburg | schwerpunktfrei | Diplom-Ökotrophologe / in (FH) |
Mönchengladbach | hauswirtschaftl. VersorgungErnährungHaushaltstechniku. a. | Diplom-Oecotrophologe / in (FH) |
Münster | hauswirtschaftl. VersorgungHaushaltstechnikVerbraucherberatung und Konsumentenbildung Ernährung | Diplom-Oecotrophologe / in (FH) |
Osnabrück | Beratung | Diplom-Ökotrophologe / in (FH) |
Ökotrophologie: Tab. 2. Tätigkeitsfelder für Ökotrophologen.
Tätigkeitsfelder | Einrichtungen (Beispiele) |
Produktentwicklung und Qualitätsmanagement | Lebensmittelindustrie Hausgeräteindustrie |
Leitung hauswirtschaftlicher Großbetrieben | Krankenhäuser, Kurbetriebe, Hotels, Unternehmen der Gemeinschaftsverpflegung, Catering-Unternehmen |
Interessensvertretung der Konsumenten | Verbände, Ministerien |
Information und Beratung | Verbraucherverbände, staatliche und kommunale Beratungsstellen, Energieversorgungsunternehmen, Ernährungswirtschaft, selbständige Ernährungsberatung |
Unterricht und Weiterbildung | Einrichtungen der Erwachsenenbildung, berufsbildende Schulen |
Verbrauchs- und Marktforschung | Verbraucherorganisationen, Marktforschungsinstitute |
Fachjournalismus | wissenschaftl. Fachverlage, PR- und Werbeagenturen |
Entwicklungshilfe | staatliche und nicht-staatliche Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit |
Forschung und Lehre | Universitäten, Fachhochschulen, andere wissenschaftl. Institutionen |
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