Lexikon der Geographie: Generalisierung
Generalisierung, Vereinfachung von geographischen Daten beim Entwurf und bei der Bearbeitung von Karten (Kartenherstellung) sowie in Geographischen Informationssystemen (GIS). Ihr allgemeines Ziel ist die Wiedergabe des Karteninhalts in einer dem Maßstab und Zweck der Karte angemessenen inhaltlichen und graphischen Dichte und damit die optimale Lesbarkeit und Verwendbarkeit der Karte. Dem Charakter der Karte gemäß erfolgt bereits bei der Primärdatenerfassung eine dem späteren Verwendungszweck entsprechende Auswahl, Vereinfachung und Verallgemeinerung der Informationen, die auch als Erfassungsgeneralisierung bezeichnet wird. In geographischen Informationssystemen wo die Daten auf sehr vielen unterschiedlichen Maßstabsebenen zur Verfügung stehen bzw. maßstabsfrei gespeichert sind, ist die Generalisierung ein nicht zu vernachlässigendes Problem.
Der Begriff der kartographischen Generalisierung im engeren Sinne bezieht sich vor allem auf die Ableitung einer Karte im (kleineren) Folgemaßstab aus Karten eines (größeren) Ausgangsmaßstabs. Die Notwendigkeit zu generalisieren resultiert dabei aus der sich mit abnehmendem Maßstab erheblich verringernden Kartenfläche (Quadratwurzel der linearen Maßstabsreduzierung; z.B. steht bei Halbierung des Maßstabs nur noch ein Viertel der Fläche zur Verfügung). Dem oben allgemein formulierten Ziel dienen im Einzelnen folgende Generalisierungsmaßnahmen, die nach redaktionellen Vorgaben (Kartenredaktion) ausgeführt werden: a) die Objektauswahl als wichtigste Maßnahme der Generalisierung. Ziel ist die Erhaltung der relativen Dichte und der Verteilungsmuster der durch die Kartenzeichen repräsentierten Objekte. Die Auswahl wird vorgenommen nach der Bedeutung (z.B. alle schiffbaren Kanäle), nach Mindestmaßen (z.B. alle Waldflächen ≥1ha), nach Auswahlnormen (z.B. 3 von 5 Gräben in einem Grabensystem). b) der Darstellungsumschlag (Qualitätsumschlagi, der den Wechsel zu einer anderen kartographischen Darstellungsmethode bedeutet, die eine für den kleineren Maßstab notwendige abstraktere Wiedergabe zulässt (z.B. der Übergang von der flächenhaften zur Signaturdarstellung von Siedlungen). c) die Formvereinfachung und Windungsgeneralisierung mit Glättung und übertreibender Betonung, die erforderlich sind, da Linien zur Erhaltung der Lesbarkeit im Folgemaßstab – bezogen auf die Natur und den Ausgangsmaßstab – verbreitert dargestellt werden. Die Formvereinfachung betrifft Linearsignaturen und Konturen von Flächen (Umrissvereinfachung) und ist immer eine Reduzierung der Anzahl von Stützpunkten auf der Linie. d) die Verdrängung, die eine durch relative Vergrößerung der Kartenzeichen hervorgerufene Überlagerung graphisch korrigiert.
Die Reihenfolge der Generalisierungsmaßnahmen entspricht weitgehend der obigen Aufzählung. Sie tritt in der konventionellen Kartographie mitunter weniger deutlich hervor, da die Generalisierung in relativ komplexen Arbeitsgängen erfolgt (z.B. wird die Vereinfachung und Verdrängung eines Gebäudes im selben Arbeitsgang ausgeführt). Für die rechnergestützte Generalisierung sind hingegen Hierarchie und Abfolge der Generalisierungsmaßnahmen eine wichtige Grundlage. Infolge der Komplexität der Generalisierungsvorgänge ist ihre umfassende Automatisierung bislang ungelöst. Jedoch existieren für zahlreiche Teilschritte entsprechende Programmroutinen (z.B. für die Objektauswahl, die Linienglättung, die Verdrängung), die auf unterschiedlichen theoretischen Ansätzen beruhen. Generalisierungsmaßnahmen kommen einerseits bei der Schaffung von Grundkarten und andererseits bei der Ableitung der Folgemaßstäbe sowohl topographischer Karten als auch thematischer Karten zur Anwendung. Jedoch weisen sie für Letztere in der Regel fachspezifische Aspekte auf, die von der Klassifizierung (semantische Generalisierung) bis zur Herausarbeitung typischer Umrissformen und Linienverläufe (z.B. für geologische und tektonische Karten) reichen, sodass in die Ausarbeitung entsprechender redaktioneller Richtlinien Fachwissenschaftler einzubeziehen sind.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.