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Lexikon der Geographie: regionaler Arbeitsmarkt

regionaler Arbeitsmarkt, geographische Differenzierung eines gesamtstaatlichen Arbeitsmarktes in Teilräume, wobei das Kriterium der Verflechtung oder der Ähnlichkeit im Vordergrund stehen kann. Ein regionaler Arbeitsmarkt ist damit eine räumliche Einheit und zugleich auch eine Vermittlungsinstanz von Erwerbsarbeit. Auf ihm treffen sich das Arbeitskräfteangebot und die Arbeitskräftenachfrage und streben die Durchsetzung ihrer Interessen an. Das Arbeitskräfteangebot offeriert Arbeitsbereitschaft und Qualifikation und versucht dafür einen hohen Lohn, Beschäftigungssicherheit und berufliche Aufstiege zu erzielen. Die Nachfrager nach Arbeitskräften (Gewerbetreibende, Unternehmer, öffentliche Einrichtungen) suchen dagegen die Arbeitskräfte mit spezifischen Qualifikationen und offerieren dafür Lohn, Beschäftigungssicherheit und berufliche Entwicklungsmöglichkeiten. Arbeitskräfteangebot und Arbeitskräftenachfrage sind keine fixen Größen. Stärker als auf einem nationalen Arbeitsmarkt kann das Volumen der angebotenen und der nachgefragten Arbeit auf einem regionalen Arbeitsmarkt schwanken (Pendelwanderung, Standortverlagerung von Unternehmen). Neben den genannten Faktoren kommen Effekte der veränderten Erreichbarkeit und der Auf- oder Abwertung von regionalen Arbeitsmärkten hinzu. So kann der Bau von Straßen und schienengebundenen Massenverkehrsmitteln die Erreichbarkeit erhöhen, das Einpendeln erleichtern und damit das Arbeitskräfteangebot ebenso verändern wie die Neuerrichtung oder die Verlagerung eines Unternehmens die Nachfrage verstärkt oder schwächt. Ein regionaler Arbeitsmarkt ist eine Unterteilung eines gedachten und übergeordneten Arbeitsmarktes. Wie groß ein regionaler Arbeitsmarkt jedoch ist, auf welcher Maßstabsebene und nach welchen Kriterien er abgegrenzt wird, ist zu diskutieren. Zwei unterschiedliche Zugänge bei der Abgrenzung sind möglich. Der erste Zugang besteht in der Ausweisung von gegebenen administrativen Einheiten, homogenen Räumen oder Raumtypen. Regionale Arbeitsmärkte können reale Abgrenzungen der Erdoberfläche sein (z.B. der Arbeitsmarkt einer konkreten Stadt) oder typologische Zusammenfassungen von Räumen (z.B. städtischer Arbeitsmarkt, Arbeitsmarkt alter Industriegebiete, ländlicher Arbeitsmarkt). Die funktionale Verflechtung mit anderen benachbarten Räumen, z.B. im Rahmen der Pendelwanderung, ist Inhalt der Analyse, aber nicht Definitionsgrundlage. Dies steht im Gegensatz zum zweiten Ansatz der Abgrenzung von regionalen Arbeitsmärkten, bei der die funktionelle Verflechtung im Vordergrund steht. Die Abgrenzung eines regionalen Arbeitsmarktes in Abhängigkeit zur Pendelwanderung und damit zur Erreichbarkeit und Verflechtung eines Arbeitsmarktzentrums mit einem Ergänzungsgebiet ist eine gebräuchliche Vorgangsweise, die in der Literatur auch als "Königsweg" bei der Definition von regionalen Arbeitsmärkten angesehen wird. In der Realität ist die Abgrenzung, die mit Pendlerverflechtung arbeitet, immer mit dem Problem verbunden, dass an den Rändern von regionalen Arbeitsmärkten keine eindeutigen Zuordnungen mehr vorgenommen werden können. Problematisch ist auch, dass Pendlerdaten die tatsächliche Reichweite eines regionalen Arbeitsmarktes unterschätzen. Denn Pendlerdaten ergeben sich aus der Angabe des aktuellen Wohn- und Arbeitsortes. Die Tatsache, dass jemand im Pendlereinzugsbereich wohnt und dort seinen Arbeitsplatz aufsucht, bedeutet natürlich nicht, dass der Betreffende immer dort gewohnt hat. Es ist genauso möglich, dass die Person aus großer Distanz zugewandert ist, um einen Arbeitsplatz anzunehmen. Die Abgrenzung eines regionalen Arbeitsmarktes anhand der Pendlerdaten orientiert sich jedoch nur an dem aktuellen Wohnort und negiert eine vorangegangene Zuwanderung. Wenn die Reichweite eines regionalen Arbeitsmarktes beurteilt werden soll, dann ist dies von erheblicher Bedeutung. Generell gilt, dass regionale Arbeitsmärkte immer zeit- und problembezogene Konstrukte sind. Sie stellen keine a priori vorhanden Gebietseinheiten dar, die nur durch entsprechende Analysen "gefunden" werden müssen, sondern gesellschaftlich erzeugte räumliche Einheiten. Administrative Grenzen können sich ebenso ändern, wie die Einzugsbereiche eines Zentrums. Die Verkehrsinfrastruktur formt regionale Arbeitsmärkte gleichermaßen, wie die Standortentscheidung von Unternehmen und das Wirken von Institutionen. Die Gründung eines neuen oder die Schließung eines bestehenden Großunternehmens kann – je nach Analysemaßstab – existierende Pendlerströme entscheidend verändern. Auch die Öffnung von früher geschlossenen Grenzen und die Auf- oder Abwertung einer Währung können die Pendlerströme in Grenzgebieten kurzfristig umleiten. So definierte Arbeitsmarktregionen müssen also alle paar Jahre überprüft und eventuell neu abgegrenzt werden. Ein offenes und weitgehend ungeklärtes Problem ist auch die Größe eines regionalen Arbeitsmarktes. In Abhängigkeit zum gewählten Maßstab existieren lokale, regionale und nationale Arbeitsmarktzentren mit entsprechenden Einzugsbereichen. Ein nationaler Arbeitsmarkt kann in regionale Arbeitsmärkte zerlegt werden, diese wiederum ebenfalls in "subregionale" bis lokale Arbeitsmärkte. Der lokale Arbeitsmarkt, liegt auf einer unteren Maßstabsebene mit geringer Reichweite. Arbeitskräfte mit geringer Qualifikation werden nur auf lokalen Arbeitsmärkten gesucht. Präzise Grenzen, wann der lokale Arbeitsmarkt in einen regionalen übergeht und welche Maßstabsebene den regionalen Arbeitsmarkt definiert, sind nicht vorhanden. Trotz aller Schwierigkeiten und offenen Fragen gilt jedoch: Die Abgrenzung und Erforschung von regionalen Arbeitsmärkten führt zu einem differenzierten und realitätsnäheren Bild über Prozesse und Strukturen in der Arbeitswelt. Arbeitsmärkte sind eben auch immer räumliche Phänomene und die Konstruktion eines übergeordneten, einheitlichen und undifferenzierten "nationalen" Arbeitsmarktes führt zu einer unscharfen Durchschnittsbildung.

HF

Lit: [1] BRÖCKER, J. (1988): Regionale Arbeitsmarktbilanzen 1978 bis 1984. Methoden und Ergebnisse. In: Raumforschung und Raumordnung 3. – Köln. [2] ECKEY, H.-F., HORN, J., KLEMMER, P. (1990): Abgrenzung von regionalen Diagnoseeinheiten für die Zwecke der regionalen Wirtschaftspolitik. Gutachten im Auftrag des Untersuchungsausschusses der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur". – Bochum-Kassel. [3] FISCHER, M., NIJKAMP, P. (1987): Spatial Labour Market Analysis: Relevance and Scope. In: FISCHER, M., NIJKAMP, P. (Hrsg.): Regional Labour Markets. Contribution to Economic Analysis. – Amsterdam-New York-Oxford-Tokyo.

  • Die Autoren

Redaktion:
Dipl.-Geogr. Christiane Martin (Leitung)
Dipl.-Geogr. Dorothee Bürkle
Dipl.-Geol. Manfred Eiblmaier

Fachkoordinatoren und Herausgeber:
Prof. Dr. Ernst Brunotte (Physische Geographie)
Prof. Dr. Hans Gebhardt (Humangeographie)
Prof. Dr. Manfred Meurer (Physische Geographie)
Prof. Dr. Peter Meusburger (Humangeographie)
Prof. Dr. Josef Nipper (Methodik)

Autorinnen und Autoren:
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Prof. Dr. Ernst Brunotte, Köln [EB]
Dr. Olaf Bubenzer, Köln [OB]
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Dipl.-Geol. Manfred Eiblmaier, Köln [ME]
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Dr. Heinz-Hermann Essen, Hamburg [HHE]
Dr. Heinz-Hermann Essen, Hamburg [HHE]
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Grafik:
Mathias Niemeyer (Leitung)
Ulrike Lohoff-Erlenbach
Stephan Meyer

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