Lexikon der Geographie: Weltstadt
Weltstadt, world city, urbanes Macht- und Innovationszentrum von internationaler Bedeutung. Weltstädte im weiteren Sinne weisen eine hohe Konzentration ökonomischer, kultureller und politischer Funktionen von transnationaler Reichweite auf und zeichnen sich durch ihren kosmopolitischen Charakter aus. Von diesem Konzept zu unterscheiden ist die überwiegend demographisch definierte mega city (Megastädte). Im engeren Sinne wird der Begriff der Weltstadt ähnlich wie oder synonym zu global city verwendet.
Der Beginn der jüngeren Weltstadtforschung wird häufig auf das Erscheinen von "The World Cities" (Hall 1966) datiert, einem Vergleich der Metropolregionen London, Moskau, New York, Paris, Randstad, Rhein-Ruhr und Tokio, die aufgrund der Bündelung höchstrangiger Funktionen in den Bereichen Politik, Wirtschaft, Finanzwesen, Kommunikation, Bildung, Kultur und Technologie an der Spitze einer globalen Städtehierarchie gesehen wurden. Weiterführende Arbeiten, insbesondere die Weltstadthypothese von John Friedmann, stellen in den 1970er-und 80er-Jahren einen Zusammenhang zwischen zunehmender Internationalisierung der Weltwirtschaft und globalen Formen der Stadtentwicklung her. Diese Ansätze interpretieren Weltstädte im Kontext der konstatierten Neuen Internationalen Arbeitsteilung als Kontrollzentren des globalen Kapitals im Weltsystem, da sich in den dort verorteten Unternehmenszentralen großer multinationaler Konzerne Entscheidungsbefugnisse über weltweit verteilte Produktionsstandorte konzentrierten.
Der zunehmenden Ausgliederung nicht routinisierbarer zentraler Management-, Koordinations- und Finanzierungsaufgaben an wissensintensive Dienstleister versucht u.a. S. Sassen (1991) mit ihrem Global-city-Konzept Rechnung zu tragen. Damit werden Weltstädte als Orte der Produktion hoch spezialisierter unternehmensorientierter Dienstleistungen interpretiert, wie sie z.B. von großen Finanzdienstleistern, Unternehmensberatungen, Wirtschaftsprüfern, Anwaltskanzleien oder Werbeagenturen erbracht werden. Ein wesentlicher Grund für die Herausbildung von Clustern hochrangiger Dienstleister als entscheidende urbane Teilökonomien in Weltstädten wird in den Agglomerationsvorteilen bei der Produktion komplexer Dienstleistungen in durch Unsicherheit und Geschwindigkeit gekennzeichneten Märkten gesehen (Wissen, Face-to-face-Kommunikation). Gleichzeitig haben sich diese Firmen selbst zu global agierenden Unternehmen entwickelt, die versuchen, ihren Kunden durch entsprechende Standortstrategien einen möglichst weltweiten Service anzubieten. Weltstädte können somit als Knotenpunkte in einem Netz von globalen Kapital- und Informationsströmen, aber auch Strömen von Menschen, Gütern und Symbolen konzeptionalisiert werden (dem "space of flows" des Stadtsoziologen Manuel Castells). Sie erlangen ihre Bedeutung primär aufgrund ihres Verflechtungsgrades innerhalb des globalen Städtesystems.
Obgleich immer mehr Städte in dieses grenzüberschreitende Netzwerk einbezogen werden ("globalizing cities") spiegeln sich in ihrer Verteilung und Gewichtung weltweite Ungleichheiten (Abb. weltgawc.eps) von ökonomischen Globalisierungsprozessen (Globalisierung). Weltstadtbildung ist zudem häufig mit einer Zunahme von räumlicher und sozioökonomischer Ungleichheit innerhalb dieser Städte verknüpft, die aus einer Polarisierung in städtische Teilarbeitsmärkte für hoch qualifizierte Spezialisten und transnationale Eliten einerseits, wenig qualifizierte Arbeitskräfte mit hohem Immigrantenanteil im Billiglohnsektor andererseits, resultiert und sich auch in anderen ökonomischen Bereichen (Wohnungsmarkt, Konsum) manifestiert.
MH
Lit: [1] BEAVERSTOCK, J.V., SMITH, R.G. &TAYLOR, P.J. (1999): A Roster of World Cities. – Cities, 16, S. 445-458. [2] HALL, P. (1966): The World Cities. – London. [3] KNOX, P.L. &TAYLOR, P.J. (eds.)(1995): World Cities in a World-System. – Cambridge. [4] SASSEN, S. (1991): The Global City. – Princeton.
Weltstadt Weltstadt: Klassifizierung von 55 Weltstädten an der Spitze des globalen Städtesystems durch die Globalization and World Cities (GaWC) Study Group and Network. Weltstädte werden hier ökonomisch als Standorte wissensintensiver, unternehmensorientierter Dienstleister mit globaler Reichweite und intensiver Vernetzung konzeptionalisiert.
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