Lexikon der Geographie: Zersetzung
Zersetzung, Dekomposition, abgestorbene terrestrische organische Substanz (Streu und Detritus) wird durch a) Autolyse, d.h. Zersetzung durch eigene Enzyme ohne bakteriellen Abbau und b) durch das Saprophagen-Destruenten-System (Destruenten) in niedermolekulare Stoffe, letztlich CO2, H2O und Mineralstoffe zerlegt. Diese stehen dann als Nährstoffe für die Pflanzen wieder zur Verfügung (Mineralstoffkreislauf). Die Zersetzung ist deshalb ein ökosystemarer Schlüsselprozess.
In die Destruenten-Nahrungsketten gelangen im Wesentlichen der Bestandsabfall der Pflanzen sowie Tierkadaver, wenn sie nicht von Aasfressern schnell beseitigt werden.
Der Bestandsabfall besteht zum weitaus größten Teil aus pflanzlichem Material, das als wesentliche Bestandteile hochmolekulare Substanzen, vor allem Strukturpolysaccharide wie Cellulosen, Hemicellulosen und Lignine enthält.
Die Startphase der Zersetzung ist durch Auswaschung (leaching) der löslichen Stoffe und eine Besiedlung der Oberflächen durch Mikroorganismen (Pilze, Bakterien, Protozoen) gekennzeichnet. Stark beschleunigt wird die Zersetzung dann durch mechanische Zerkleinerung durch den Fraß der Saprophagen der Makro-und Megafauna (Bodenfauna). Das Wirken dieser Primärzersetzer bildet die Grundlage für ein umfangreiches und weitverzweigtes Nahrungsnetz, in dem mindestens noch zwei weitere Trophiestufen unterschieden werden können, die Sekundärzersetzer (Saprophage der Mesofauna) und die Zoo- und Nekrophagen. Zwei Ernährungsweisen herrschen bei der Mesofauna vor, das Pilz-und Kotfressen. Letzteres ist von Bedeutung, weil die tierischen Primärzersetzer die aufgenommene, relativ schwer aufschließbare Nahrung nur zu 7 bis 15 % wirklich verbrennen, den Rest aber, mechanisch zerkleinert, mikrobiell infiziert und teilweise schon in niedermolekulare Bruchstücke gespalten, mit den Faeces (=Kot) wieder abgeben.
Chemisch bedeutet der erste Abbauschritt vor allem die Hydrolyse der Makromoleküle, durch Hydrolasen. Strukturell bewirkt der erste Abbauschritt eine Zerstörung der Gewebe und Zellen, die sichtbare Zersetzung des Bestandsabfalls. Das Ergebnis dieses ersten Abbauschrittes sind niedermolekulare Bruchstücke, beim Celluloseabbau z.B. dimere Cellobiose und monomere Glukose, beim Ligninabbau aromatische Verbindungen mit substituierten Phenolringen. Diese niedermolekularen Stoffe werden entweder von den Saprophagen unter Energiegewinnung zu CO2 und Wasser verbrannt oder werden im Zuge der Humusbildung zu neuen, hochmolekularen Verbindungen wie Fulvosäuren, Huminsäuren und Huminen aufgebaut. Diese Festlegung in Humusstoffe bildet sozusagen eine Verzögerungsschleife im Abbau. Die entstehende organische Bodensubstanz ist besonders in nährstoffarmen Böden (der Tropen) von großer Bedeutung.
Im zweiten Abbauschritt, der Mineralisierung, die im Wesentlichen von den Mikroorganismen (Reduzenten), vor allem von Bakterien, geleistet wird, werden die verbliebenen niedermolekularen Substanzen und auch die Humusstoffe wieder zu CO2, Wasser und Mineralstoffen abgebaut ( Abb.).
Die Geschwindigkeit der Zersetzung wird über den Gewichtsverlust des Ausgangsmaterials oder die Abnahme des prozentualen Anteils einzelner Stoffe (z.B. C und N, Lignin) ermittelt. Der Verlauf der Gewichtsabnahme nach der initialen Auswaschungsphase entspricht i.d.R. einer negativ exponentiellen Abbaukurve mit der Formel
Mt=M0·e-kt
(M=Masse, t=Zeit, M0=Gewicht zu Beginn), worin der Exponent k die dimensionslose Abbaurate darstellt. Die Abbaurate wird oft auch als Halbwertszeit angegeben t50=0,693/k.
Die Rolle der verschiedenen Vertreter der Bodenfauna lässt sich experimentell dadurch erfassen, dass man abbaubares Substrat in Netzbeutel (Streubeutel, litter bags) verschiedener Maschenweiten einschließt, die die Bodentiere nach Größenklassen und damit teilweise auch nach taxonomischen und funktionellen Gruppen ausschließen.
HH
Zersetzung: Zersetzung: Schema des Abbaus des Bestandsabfalls und der Funktion der Bodenorganismen bei der Zersetzung.
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