Lexikon der Geowissenschaften: Magmatite
Magmatite, magmatische Gesteine, Massengesteine (veraltet), durch Abkühlung aus einem Magma, das vom Ort seiner Bildung im Erdmantel oder in der tiefen Erdkruste aufsteigt, entstandene Gesteine. Nach der Tiefe ihrer Erstarrung unterscheidet man zwischen Plutoniten (plutonische Gesteine, Tiefengesteine), die unterhalb von einigen 100 m erkalten, und Vulkaniten (vulkanische Gesteine, Ergußgesteine), die ruhig oder – wenn das Magma reich an Gasen (H2O, CO2) ist – explosiv an die Erdoberfläche austreten. Dazwischen werden als Übergangstypen noch die Subvulkanite gestellt; sie erstarren oberflächennah und zeigen Gefügemerkmale sowohl von Plutoniten als auch von Vulkaniten. Mengenmäßig unbedeutend sind heute auf der Erde Impaktschmelzen (Suevit), die durch Einschläge von Meteoriten erzeugt werden. Infolge langsamer Abkühlung der Magmen sind Plutonite mit bloßem Auge erkennbar vollständig auskristallisiert oder holokristallin, während Vulkanite durch rasche Abkühlung eine feinkörnige bis dichte Grundmasse ausbilden, in welche variable Mengen gröberer, schon in der Tiefe gebildeter Kristalle (Einsprenglinge) eingebettet sind; dieses Gefüge wird als porphyrisch bezeichnet ( Abb. 1a , Abb. 1b
2 ). Bei Abschreckung kann eine Schmelze auch glasig erstarren, z.B. eine Basaltschmelze in Kontakt zu Meerwasser. Hochviskose, SiO2-reiche Schmelzen erstarren selbst bei langsamerer Abkühlung an der Erdoberfläche glasig (Obsidian). In Subvulkaniten tritt die feinkörnige Matrix zugunsten größerer Kristalle in den Hintergrund. Ganggesteine können selbst bei Erstarrung in größerer Tiefe noch Merkmale von Subvulkaniten oder gar Vulkaniten aufweisen, wenn sie geringmächtig sind, in kühles Nebengestein eindringen und daher rasch abkühlen.
Ein Magma besteht i.d.R. aus einer Schmelze und Kristallen sowie eventuell noch aus Gasblasen. Die weitaus meisten Schmelzen auf der Erde sind silicatisch mit SiO2-Gehalten zwischen ca. 40% und 75%. Außerdem gibt es carbonatische, sulfidische, oxidische und phosphatische Schmelzen. Die silicatischen Magmatite werden häufig unterschieden in ultramafisch oder ultrabasisch ( 45% SiO2), mafisch oder basisch (45-52% SiO2), intermediär (intermediäre Gesteine; 52-66% SiO2) und felsisch oder sauer (saure Gesteine; >66% SiO2). Zusammen mit den Gehalten der Alkalioxide (Na2O+K2O) dient der SiO2-Anteil zur Klassifizierung der Vulkanite im TAS-Diagramm. Die Klassifizierung der Plutonite erfolgt dagegen nach dem Mineralbestand im QAPF-Doppeldreieck und anderen Diagrammen. Auch auf der Grundlage von chemischen Analysen durchzuführende Normberechnungen eignen sich zur Klassifizierung der Magmatite.
Die meisten Magmatite werden aus nur wenigen Hauptmineralen (Hauptgemengteil) aufgebaut, und zwar insbesondere aus Quarz, Alkalifeldspat und Plagioklas, Biotit und Muscovit, Amphibolen (meist Hornblende), Pyroxenen, Olivin sowie Magnetit. In einem Gestein treten selten mehr als vier oder fünf Hauptminerale auf. Deren relative Häufigkeiten ( Abb. 2 ) sind eine Funktion der chemischen Zusammensetzung der Magmatite, die typischerweise acht bis zehn Hauptkomponenten umfaßt (SiO2, TiO2, Al2O3, Fe2O3+FeO, MgO, CaO, Na2O, K2O, H2O). Eine grobe Vorstellung über die Reihenfolge der Ausscheidung der Minerale vermittelt das Reaktionsprinzip nach Bowen.
Magmatite lassen sich i.d.R. nach der tektonischen Umgebung, in der sie auftreten, zu Magmen- oder Gesteinsassoziationen zusammenfassen; der Gesteinsname gibt darüber keinen Aufschluß. Konstruktive Plattenränder in den Ozeanen, z.B. der mittelatlantische Rücken, sind durch tholeiitische Basalte (tholeiitisch) und Gabbros als plutonisches Äquivalent gekennzeichnet. Innerhalb von mächtiger ozeanischer Kruste können die Basaltmagmen differenzieren bis zur Bildung geringer Volumina saurer Magmen. Auf Ozeaninseln innerhalb stabiler Platten wie Hawaii oder Réunion treten neben tholeiitischen auch alkalibasaltische Magmen auf. Die primären Basaltmagmen in Subduktionszonen differenzieren im fortgeschrittenen Stadium des Aufbaus eines Inselbogens oder aktiven Kontinentalrandes innerhalb der Kruste über Andesite zu Daciten und Rhyolithen, wobei in Inselbögen die SiO2-ärmeren Varietäten überwiegen, in aktiven Kontinentalrändern die intermediären Magmen. Tonalite und Granodiorite sind dort unter den Plutoniten besonders häufig; sie bauen Batholithe auf, die – wie an der Westküste des amerikanischen Doppelkontinents – Hunderte von Kilometern lang sein können. Kollisionszonen zwischen zwei kontinentalen Platten zeichnen sich durch granitischen Magmatismus aus; ein geologisch junges Beispiel dafür ist der Himalaja, ein älteres der Schwarzwald. In kontinentalen Riftzonen dominieren alkalireiche Magmatite. Die Vulkanite reichen von primären SiO2-untersättigten basaltischen Gesteinen (Basanite, Nephelinite) bis zu daraus durch Differenzierung entstandenen Phonolithen und Trachyten; als Beispiel sei der Oberrheingraben mit den benachbarten Vulkangebieten der Eifel, des Westerwaldes und des Vogelsberges genannt. Die äquivalenten Plutonite lassen sich in alten erodierten kontinentalen Riftzonen studieren, z.B. dem Oslograben. Magmatismus innerhalb stabiler kontinentaler Platten (Intraplattenmagmatimus) ist im Vergleich zum Ozeaninselvulkanismus seltener. In alten Kratonen findet man Kimberlite als ultramafische brekziöse Vulkanite; sie sind als primäre Träger von Diamant wichtig. Ohne erkennbare geotektonische Stellung ist auch ein Teil der A-Typ-Granite (Granit). Eine Übersicht über typische Hauptelementzusammensetzungen wichtiger Gesteinstypen zeigt die Tabelle .
Ob ein Magma als Vulkanit die Erdoberfläche erreicht oder als Plutonit in der Tiefe erstarrt, hängt von Parametern wie der Temperatur, dem Dichtekontrast zwischen Magma und umgebendem Gestein, dem Fluidgehalt und der Viskosität ab. Letztere ist eine Funktion der Struktur der Schmelze (Vernetzungsgrad der (Si,Al)O4-Tetraeder) und steigt für Silicatschmelzen mit zunehmendem SiO2-Gehalt stark an, z.B. um drei bis vier Zehnerpotenzen zwischen fluidfreien basaltischen Schmelzen mit 50% SiO2 und rhyolithischen Schmelzen mit 75% SiO2. Eine wasserfreie Rhyolithschmelze von 1000ºC hat z.B. eine Viskosität von ca. 107 Pa·s, vergleichbar der Konsistenz von kaltem Asphalt. Fluidarme Rhyolithe sind daher in der Natur selten, die SiO2-reichen Magmen bleiben vielmehr in der Tiefe als granitische Körper stecken. Die niedriger viskosen SiO2-armen Schmelzen (z.B. Basaltschmelzen an der Erdoberfläche ca. 50 Pa·s, am Entstehungsort im Erdmantel ca. 1-10 Pa·s; zum Vergleich: Wasser hat 10-3 Pa·s), die zudem heißer sind, fließen dagegen häufig an der Erdoberfläche aus. Zugabe von Wasser senkt die Viskosität der Silicatschmelzen stark und macht auch SiO2-reiche Schmelzen extrusionsfähig. Da andererseits die H2O-Löslichkeit mit fallendem Druck sinkt, wird sich in einer adiabatisch aufsteigenden Schmelze eine fluide Phase entwickeln, die sich an oder nahe der Erdoberfläche explosionsartig separieren kann. Klassifikation der Gesteine. [HGS]
Literatur: [1] Wimmenauer (1985): Petrographie der magmatischen und metamorphen Gesteine. – Stuttgart. [2] Basaltic Volcanism Study Project (1981): Basaltic Volcanism on the Terrestrial Planets. – New York.
Magmatite 1: a) grobkörniges Gefüge eines Plutonits (Granit) mit Orthoklas (Or), Plagioklas (Pl), Quarz (Q) und Biotit (Bi); b) porphyrisches Gefüge eines Vulkanits (Andesit) mit Einsprenglingen von Plagioklas (Pl), Hornblende (Hbl) und Biotit (Bi) in einer feinkörnigen Grundmasse. Magmatite 1:
Magmatite 2: ungefähre Häufigkeiten wichtiger Minerale in verschiedenen Magmatiten. Chemisch äquivalente Vulkanite und Plutonite stehen untereinander. Magmatite 2:
Magmatite (Tab.): typische Hauptelement-Zusammensetzungen einiger Magmatite. Magmatite (Tab.):
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.