Lexikon der Geowissenschaften: Schieferung
Schieferung, ein engständigesParallelgefüge ebener Flächen, die nicht durch Sedimentation entstanden sind und die dem Gestein eine mehr oder weniger gute Teilbarkeit nach diesen Flächen verleihen. Der Begriff kann sowohl die Gefügeprägung als auch das Gefügeelement selbst bezeichnen. In der deutschen Literatur wird letzteres jedoch manchmal als Schiefrigkeit von dem gefügebildenden Vorgang unterschieden. Schieferung entsteht durch orientiertes Wachstum nicht isometrischer Minerale in einem anisotropen Spannungszustand. Schieferung erzeugende Minerale sind meistens Schichtsilicate, die in der Schieferungsfläche wachsen oder umkristallisiert werden. Ein Schieferungsgefüge kann aber auch durch orientiertes Wachstum oder Einschlichtung stengeliger Minerale in die Schieferungsebene hervorgerufen werden (z.B. Amphibole in Amphiboliten oder Chrysotil oder Asbest in Serpentiniten. Das Wachstum dieser neugebildeten Minerale kann durch intragranulare Lösungsvorgänge bei Anwesenheit von Fluiden wesentlich beeinflußt werden. Insgesamt ist die Schieferung ein komplexer Vorgang von Lösung und Neu- oder Umkristallisation oder auch von Rotation präexistenter Körper, der die Schieferflächen als sekundäre Flächen entstehen läßt. Im Bereich niedriger Temperaturen entstehen diese Neu- und Umbildungen vor allem durch Diffusionsprozesse entlang der Korngrenzen. Bei hohen Temperaturen setzt eine Diffusion durch die Minerale hindurch ein (Volumen-Diffusion) ein. In leicht löslichen Gesteinen, z.B. Carbonaten, kann ein Schieferungsgefüge auch überwiegend durch Lösung und Abtransport des Lösung entstehen (Lösungsschieferung). Die Richtung der Lösung ist abhängig vom Spannungszustand (Drucklösung). Die durch Lösung gebildeten Schieferungsflächen bilden sich durch die Ablagerung unlöslicher Rückstände, z.B. von Tonmineralen oder Eisenoxiden. Diese Rückstandsflächen, die meist ziemlich unregelmäßig ausgebildet sind, werden als Stylolithe bezeichnet und die hieraus resultierende Schieferung als stylolithische Schieferung. Lösungsschieferung in Sedimentgesteinen ist oft daran zu erkennen, daß Teile von Fossilien zwischen den Schieferungsflächen weggelöst wurden, aber auch ursprünglich mehr oder weniger isometrische Quarzkörner in Sandsteinen können durch Lösungsschieferung zu flachen plattigen Formen umgebildet werden. Die gelösten Substanzen, meist Calcit oder in geringerem Maße auch Quarz, werden dann in Bereichen mit geringerer Spannung (z.B. Klüfte oder Gänge) wieder ausgefällt. Dies kann entweder direkt an der Stelle geschehen, an der die Lösung stattgefunden hat, in diesem Fall bleibt das Volumen des Gesteinskörpers gleich. Die gelösten Substanzen können aber auch im Porenraum des Gesteins oder auf Mikrobruchflächen über größere Distanzen abgeführt werden. In diesem Fall geht die Lösungsschieferung immer mit einem großen Volumensverlust einher, der mehr als die Hälfte des ursprünglichen Materials betragen kann. Die Lösung von Mineralen wird durch verschiedene Prozesse gesteuert: Ein deformiertes Mineral ist wegen der gespeicherten Deformationsenergie (engl. locked-in strain energy) grundsätzlich leichter löslich als ein undeformiertes. Zum anderen ist ein (isotropes) Material, das in einem anisotropen Spannungszustand von fluiden Phasen angegriffen wird, auf den Flächen senkrecht zur größten Hauptnormalspannung leichter löslich, als in allen anderen Richtungen, und umgekehrt wird das gelöste Material auf der Flächen wieder ausgefällt, auf der die Normalspannung ein Minimum hat (Rieckesches Prinzip).
In höher metamorphen Gesteinen (Glimmerschiefer oder Gneise) können häufig Bereiche (Domänen) mit ausgeprägter Schieferung, d.h. mit einer starken Anreicherung der die Schieferung erzeugenden Minerale von weniger geschieferten, häufig linsenförmig ausgebildeten Bereichen mit einer Anreicherung von Quarz und/oder Feldspat unterschieden werden. Die geschieferten Bereiche werden als Schieferungsdomänen (engl. cleavage domains) bezeichnet, während die ungeschieferten Bereiche im Englischen als microlithons bezeichnet werden. Gesteine mit dieser Schieferung kann man rein beschreibend klassifizieren nach Ausbildung der Schieferung (glatt, rauh, als Runzelschieferung etc.), nach dem Abstand der Schieferungsdomänen oder deren prozentualem Anteil am Gesamtgestein oder auch nach dem Übergang zwischen Schieferungsdomänen und Microlithons (allmählich oder abrupt). Bei Runzelschieferung kann man ferner eine Einteilung nach Form der Runzelung, d.h. der Krenulation oder der Mikrofalten vornehmen (offen, eng, symmetrisch, asymmetrisch).
Im Zusammenhang mit der Deformation des geschieferten Gesteinskörpers kann Schieferung sowohl durch koaxiale Deformation (Plättung) als auch durch rotationale Deformation (Scherung) entstehen. Ein Beispiel für den ersten Fall ist etwa die Drucklösung. In beiden Fällen ist die Schieferung parallel zur längsten (x-) und mittleren (y-) Achse des Deformations-(strain)-Ellipsoides orientiert. Welche Art der Deformation vorliegt, kann an der Veränderung älterer, von der Schieferung durchsetzter Vorzeichnungen (z.B. deformierte Fossilien) oder andere Körper, deren Form im undeformierten Zustand bekannt ist (z.B. Ooide), erkannt werden. Scherende Bewegungen entlang der Schieferflächen können häufig auch an rigiden Körpern beobachtet werden, die zwischen Schieferungslamellen oder –domänen angeordnet sind. Bereits vor der Schieferung gebildete isometrische Körper (Minerale) werden häufig durch die Schieferung rotiert. Wenn Minerale wachsen, während sie durch Scherbewegungen auf den Schieferflächen rotiert werden, so kann der Winkel der Rotation und damit der Betrag der Scherung an der Verstellung des Interngefüges abgelesen werden (Schneeballgranate). Transversalschieferung, Schiefer. [EWa]
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