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Lexikon der Mathematik: Bochner-Integral

ein dem Lebesgue-Integral entsprechender Integralbegriff für banachraumwertige Funktionen.

Eine Funktion f : Ω → X auf einem Maßraum \((\Omega, \Sigma, \mu )\) mit Werten in einem Banachraum X heißt stark meßbar, wenn eine Folge von Treppenfunktionen existiert, die fast überall gegen f konvergiert, und f in dem Sinn fast separabel-wertig ist, daß für eine geeignete Nullmenge N der Wertebereich \(f(\Omega /N)\) separabel ist; ist X separabel, sind die starke Meßbarkeit von f und die BorelMeßbarkeit bzgl. der Vervollständigung von μ äquivalent. Für eine stark meßbare Funktion f ist auch \(\omega \mapsto {\Vert f(\omega )\Vert }_{X}\) meßbar. Gilt

\begin{eqnarray}\displaystyle {\int }_{\Omega }\Vert f{\Vert }_{X}d\mu \lt \infty, \end{eqnarray}

so heißt f Bochner-integrierbar. Dann existieren Treppenfunktionen \({f}_{n}\) mit \({f}_{\Omega }\Vert f-{f}_{n}{\Vert }_{X}d\mu \to 0\), und das Bochner-Integral

\begin{eqnarray}\displaystyle {\int }_{\Omega }fd\mu =\mathop{\mathrm{lim}}\limits_{n\to \infty }\displaystyle {\int }_{\Omega }{f}_{n}d\mu \end{eqnarray}

ist wohldefiniert; das Integral einer Treppenfunktion

\begin{eqnarray}g=\displaystyle \sum _{j=1}^{n}\chi {A}_{j}{x}_{j}\end{eqnarray}

ist natürlich

\begin{eqnarray}\displaystyle {\int }_{\Omega }gd\mu =\displaystyle \sum _{j=1}^{n}\mu ({A}_{j}){x}_{j}.\end{eqnarray}

Der Bochnersche Integralbegriff hat alle wesentlichen Eigenschaften mit dem Lebesgue-Integral gemein; z. B. ist es linear, und es gilt das Analogon zum Lebesgueschen Konvergenzsatz. Ist T ein beschränkter linearer Operator, so ist

\begin{eqnarray}T(\displaystyle {\int }_{\Omega }fd\mu )=\displaystyle {\int }_{\Omega }T\circ fd\mu, \end{eqnarray}

und das gilt auch, wenn T lediglich abgeschlossen ist; dann muß die Bochner-Integrierbarkeit von Tf allerdings vorausgesetzt werden.

Die Menge \({ {\mathcal L} }^{1}(\mu, X)\) aller Bochner-integrierbaren Funktionen bildet einen Vektorraum; identifiziert man wie üblich fast überall übereinstimmende Funktionen, erhält man den Bochner-Raum\({L}^{1}(\mu, X)\), der mit der Norm \(f\mapsto \displaystyle {\int }_{\Omega }\Vert f{\Vert }_{X}d\mu \) ein Banachraum ist. Analog definiert man für \(1\le p\le \infty \) die Bochner-\({L}^{p}\)-Räume \({L}^{p}(\mu, X)\) mit der Norm

\begin{eqnarray}f\mapsto {(\displaystyle \mathop{\int }\limits_{\Omega }||f|{|}_{X}^{p}d\mu )}^{1/p}\end{eqnarray}

Der Dualraum von \({L}^{p}(\mu, X)\) ist kanonisch isometrisch isomorph zu \({L}^{q}(\mu, {X}^{^{\prime} })\), wenn \(p\ge 1\), \(1/p+1/q=1\) und \({X}^{^{\prime} }\) die Radon-Nikodym-Eigenschaft hat.

Ein schwächerer Integralbegriff fußt auf der Idee der schwach meßbaren Funktion; hier verlangt man bloß, daß für alle \({x}^{^{\prime} }\in {X}^{^{\prime} }\) die skalarwertigen Funktionen \({x}^{^{\prime} }\circ f\) (bzgl. der Vervollständigung von μ) meßbar sind. Nach dem Meßbarkeitssatz von Pettis ist eine Funktion genau dann stark meßbar, wenn sie schwach meßbar und fast separabelwertig ist. Eine schwach meßbare Funktion heißt Dunford-integrierbar, wenn alle x′ ○ f|A integrierbar sind \(({x}^{^{\prime} }\in {X}^{^{\prime} },A\in \Sigma )\).

In diesem Fall impliziert der Satz vom abgeschlossenen Graphen, daß

\begin{eqnarray}{x}^{^{\prime} }\mapsto \displaystyle {\int }_{A}{x}^{^{\prime} }\circ fd\mu \end{eqnarray}

ein stetiges lineares Funktional auf \({X}^{^{\prime} }\) ist, das mit \(\text{D}-\displaystyle {\int }_{A}fd\mu \) bezeichnet wird und Dunford-Integral von f heißt:

\begin{eqnarray}(\text{D}-\displaystyle {\int }_{A}fd\mu )({x}^{^{\prime} })=\displaystyle {\int }_{A}{x}^{^{\prime} }\circ fd\mu \text{\hspace{1em}\hspace{1em}}\forall {x}^{^{\prime} }\in {X}^{^{\prime} }.\end{eqnarray}

Das Dunford-Integral ist also nach Konstruktion i. allg. ein Element des Bidualraums \({X}^{\text{"}}\). Im Fall, daß \(\text{D}-\displaystyle {\int }_{A}fd\mu \in X\) für alle \(A\in \Sigma \) (kanonische Einbettung eines Banachraums in seinen Bidualraum), heißt \(f\) Pettis-integrierbar und das Integral Pettis-Integral.
  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

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