Direkt zum Inhalt

Lexikon der Mathematik: Dedekind-Schnitt

Dedekindscher Schnitt, manchmal auch einfach nur Schnitt genannt, Paar D = (L, R) von Teilmengen L, R einer totalen Ordnung (M, ≤) mit den Eigenschaften

  • L, R ≠ θ und LR = M,
  • L< R, d. h. < r für alle L, rR,
  • R hat kein kleinstes Element.
L und R sind dann insbesondere disjunkt. Wenn L ein größtes Element m hat, heißt der Schnitt (L, R) rational und m Schnittpunkt von (L, R). Ein nicht rationaler Schnitt heißt Lücke in M. Genau wenn es keine Lücken gibt, ist die Ordnung (M, ≤) vollständig.

Ein Dedekind-Schnitt D = (L, R) ist sowohl durch seine linke Menge L(D) := L als auch durch seine rechte Menge R(D) := R eindeutig bestimmt. Eine Menge RM ist genau dann rechte Menge eines Dedekind-Schnitts, nämlich des Schnitts D(R) := (M \ R, R), wenn gilt:

  • \({\theta }\,_{\ne }^{\subset }{R}\,_{\ne }^{\subset }M,\)
  • M \ R< R,
  • R hat kein kleinstes Element.
Bezeichnet man mit \({\mathbb{D}}\)(M) die Menge der Dedekind-Schnitte in M und definiert

\begin{eqnarray}{D}_{1}\le {D}_{2}:\iff R({D}_{1})\supset R({D}_{2})\end{eqnarray}

für D1, D2 ∈ \({\mathbb{D}}\)(M), so ist (\({\mathbb{D}}\)(M), ≤) eine vollständige totale Ordnung. Für eine nach oben beschränkte nicht-leere Menge \({\mathbb{D}}\) ⊂ \({\mathbb{D}}\) (M) ist nämlich

\begin{eqnarray}R:=\bigcap \{R(D)|D\in {\mathbb{D}}\}\end{eqnarray}

eine rechte Menge, und D(R) ist Supremum zu \({\mathbb{D}}\). Wenn die Ordnung (M, ≤) dicht ist, ist auch (\({\mathbb{D}}\)(M), ≤) dicht, und wenn in M kein kleinstes bzw. kein größtes Element existiert, gibt es auch in \({\mathbb{D}}\)(M) kein kleinstes bzw. kein größtes Element. Erlaubt man leere linke bzw. rechte Mengen, so enthält \({\mathbb{D}}\)(M) ein kleinstes Element −∞ := (θ, M) bzw. ein größtes Element ∞ := (M, θ). Für xM ist

\begin{eqnarray}R(x):=\{m\in M|m\gt x\}\end{eqnarray}

eine rechte Menge, und die Abbildung

\begin{eqnarray}\Phi :M\ni x\mapsto D(R(x))\in {\mathbb{D}}(M)\end{eqnarray}

ist eine Einbettung von (M, ≤) in (\({\mathbb{D}}\)(M), ≤). Wenn die Ordnung (M, ≤) schon vollständig ist, ist Φ surjektiv, d. h. (M, ≤) ist dann isomorph zu (\({\mathbb{D}}\)(M), ≤). Insbesondere liefert eine Wiederholung der Schnittbildung nichts Neues.

Ist K ein geordneter Körper, dann läßt sich auch \({\mathbb{D}}\)(K) zu einem Körper machen. So definierte 1871 Richard Dedekind die reellen Zahlen als Dedekind-Schnitte in den rationalen Zahlen. Eine Verallgemeinerung von Dedekind-Schnitten sind Conway-Schnitte.

  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.