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Lexikon der Mathematik: Forcing

Erzwingungsmethode, von Cohen entwickeltes Verfahren zur Durchführung von Konsistenz- und Unabhängigkeitsbeweisen in der axio- matischen Mengenlehre.

Man geht dabei von einem abzählbaren transitiven ModellM einer endlichen Teilmenge Ф von Axiomen aus ZFC aus, dem sogenannten Grundmodell. Das Grundmodell ist also stets eine abzählbare transitive Menge.

Da es für das Forcing wesentlich ist, daß das Grundmodell eine Menge und keine echte Klasse ist und man in ZFC keine Menge produzieren kann, die ein Modell von ZFC ist, ist es notwendig, die Menge Φ einzuführen.

Anstatt mit einem Grundmodell zu beginnen, das ein Modell von ganz ZFC darstellt, führt man die Argumentation gleichzeitig für alle endlichen Mengen Φ ⊇ Φ0 von Axiomen aus ZFC aus, wobei Φ0 ein fixiertes Axiomensystem bezeichnet, das reichhaltig genug ist, alle für den konkreten Beweisgang benötigten Aussagen zu liefern.

Dabei wird benutzt, daß sich in ZFC abzählbare transitive Modelle für jede endliche Menge Φ von Axiomen aus ZFC konstruieren lassen.

Ist φ ein Axiom, dessen Konsistenz mit ZFC bewiesen werden soll, so wird nun aus dem Grundmodell M ein Modell N von Φ ∪ {φ} produziert. N wird dann auch Forcingmodell genannt.

Ein Beweis der Konsistenz des Axioms φ mit ZFC durch Forcing hat die folgende formale Struktur:

Angenommen, es läßt sich in ZFC ∪ {φ} ein Widerspruch produzieren; dann gibt es eine endliche Menge von Axiomen Φ ⊆ ZFC, Φ ⊇ Φ0, so daß sich der Widerspruch schon aus Φ ∪ {φ} produzieren läßt. Da jedoch mit Hilfe des Forcing gezeigt wurde, daß φ ∪ {Φ} ein Modell hat, hat man einen Widerspruch in ZFC produziert. Die Annahme der Konsistenz von ZFC impliziert also die Konsistenz von ZFC ∪ {φ}.

Zu einem Grundmodell M und einem Axiom φ ein Forcingmodell N zu konstruieren, ist die eigentliche Schwierigkeit des Forcing.

Die Konstruktion von N erfolgt mit Hilfe einer geeigneten Partialordnung PM. Man nennt eine Menge GP-generisch über M genau dann, wenn G ein Filter in P ist und für alle dichten Teilmengen D von P gilt: DMGD ≠ 0 (Ordnungsrelation).

Sind eine Partialordnung PM und eine P-generische Menge G gegeben, so ist die zu P und G gehörige generische Erweiterung M[G] die kleinste Erweiterung von M (d. h. MM[G]) zu einem abzählbaren transitiven Modell von Φ, welches G enthält. Die Partialordnung P steuert dabei, welche zusätzlichen Axiome in M[G] gelten. Die Kunst des Forcing besteht also darin, zu einem gegebenen Axiom φ, dessen Konsistenz mit ZFC gezeigt werden soll, eine geeignete Partialordnung P zu finden, so daß φ in M[G] erfüllt ist.

Die formale Konstruktion von M[G] ist recht kompliziert und soll hier nur skizziert werden. Man definiert zu gegebenem P eine Klasse VP sogenannter P-Namen. Dabei heißt eine Menge τP-Name genau dann, wenn τ eine Relation ist und für alle (σ, p) ∈ τ gilt, daß σ ein P-Name ist und pP. Diese Definition der P-Namen ist als transfinite Rekursion zu verstehen. Für die Menge der P-Namen in M schreibt man MP : = MVP.

Man definiert schließlich M[G] := {τG : τMP}, wobei die Mengen τG durch transfinite Rekursion als

\begin{eqnarray}\tau_{G}:=\Biggl\{\sigma_{G}:\bigvee\limits_{p\in G}(\sigma, p)\in \tau\Biggr\}\end{eqnarray}

definiert sind.

Bei manchen Konsistenzbeweisen ist es notwendig, den beschriebenen Prozeß zur Konstruktion generischer Erweiterungen zu iterieren. Dabei wird zu einer Ordinalzahl α eine Kette von Modellen

\begin{eqnarray}M=M_{0}\subseteq M_{1}\subseteq \ldots M_{\xi} \subseteq \cdots \subseteq M_{\alpha}\end{eqnarray}

so konstruiert, daß jeweils Mξ+1 = Mξ[Gξ] mit MξPξ-generisch über Mξ, PξMξ. Man spricht dann von iteriertem Forcing.

[1] Kunen, K.: Set Theory. An Introduction to Independence Proofs. Amsterdam, 1980.

  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

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