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Lexikon der Mathematik: Souslin-Raum

Begriff aus der Maßtheorie.

Der Begriff ist entstanden bei der Suche nach hinreichenden Bedingungen, unter denen das Bild einer Borel-Menge wieder eine Borel-Menge ist. Er existiert in verschiedenen Abstraktheitsgraden.

(a) Ein metrisierbarer topologischer Raum Ω′ heißt Lusin-bzw. Souslin-Raum, wenn er homöomorph ist zu einer Borel-Menge bzw. analytischen Menge eines kompakten metrisierbaren Raumes. Ein Meßraum \((\Omega, {\mathcal{A}})\) heißt Lusin-bzw. Souslin-Meßraum, wenn er isomorph ist zu einem Meßraum \(({\Omega}{^{\prime}}, {\mathcal B} ({\Omega}{^{\prime}}))\), wobei Ω′ Lusin-bzw. Souslin-Raum ist.

Ist \((\Omega, {\mathcal{A}})\) Hausdorff-Meßraum, d.h., sind die Atome von \({\mathcal{A}}\) die einpunktigen Untermengen von Ω, so heißt eine Untermenge A ⊆ Ω Lusin- bzw. Souslin-Menge in Ω, falls \((A,A\mathop{\cap}\limits^{}{\mathcal{A}})\) Lusin- bzw. Souslin-Meßraum ist. Man bezeichnet mit \( {\mathcal L} ({\mathcal{A}})\) die Menge aller Lusin-Mengen in Ω, und mit \({\mathcal{S}}({\mathcal{A}})\) die Menge aller Souslin-Mengen in Ω.

Ein Lusin-Raum bzw. Lusin-Meßraum ist Souslin- Raum bzw. Souslin-Meßraum. Jeder Lusin- oder Souslin-Raum bzw. Meßraum ist separabel und Hausdorffsch (ein Meßraum heißt separabel, falls seine σ-Algebra abzählbar erzeugt werden kann). Es ist \( {\mathcal L} ({\mathcal{A}})\subseteq {\mathcal{S}}({\mathcal{A}})\) und, falls Ω Lusin-Raum ist, \({\mathcal{A}}\subseteq {\mathcal L} ({\mathcal{A}})\). Jeder Polnische Raum ist Lusin-Raum und daher auch jede Borel-Untermenge eines Polnischen Raumes (speziell sind die Räume {0, 1}, ℕ, versehen mit der natürlichen Produkttopologie, und [0, 1] polnisch).

Jeder Lusin-bzw. Souslin-Meßraum ist isomorph zu einer analytischen bzw. Borel-Menge von [0, 1]. Jeder Lusin-bzw. Souslin-Raum ist homöomorph zu einer analytischen bzw. Borel-Menge von [0, 1]. Alle nicht abzählbaren Lusin-Meßräume sind isomorph (speziell zu [0, 1], ℕ oder [0, 1]).

(b) Im Sinne von Bourbaki heißt ein Hausdorffraum Ω Lusin- bzw. Souslin-Raum, falls ein Lusin- bzw. Souslin-metrisierbarer Raum Ω′ so existiert, daß Ω das Bild eines stetigen Bijektion bzw. Surjektion von Ω′ ist. Dabei kann nach oben Ω′ ersetzt werden durch einen Polnischen Raum.

Jeder Lusin-Raum ist Souslin-Raum, jeder Souslin-Raum Ω ist separabel, und jede offene Überdeckung jeder offenen Menge in Ω × Ω enthält eine abzählbare Überdeckung. Ist Ω Souslin-Raum, so ist jedes endliche Maß μ auf \( {\mathcal B} (\Omega)\) straff, d. h. für alle ε > 0 existiert ein kompaktes K in Ω mit μ(K) < ε, jedes lokal-endliche Maß μ auf \( {\mathcal B} (\Omega)\) regulär und moderat (d. h., Ω ist Vereinigung von abzählbar vielen offenen Mengen endlichen Maßes μ). Siehe auch Borel-σ-Algebra.

(c) Eine abstrakte Definition lautet wie folgt: Es sei \begin{eqnarray}S=\{({a}_{1},\ldots, {a}_{n})|{a}_{i}\in {\mathbb{N}},i\le n,n\in {\mathbb{N}}\},\end{eqnarray} und für sS und tS bzw. ℕ ist s< t, falls s das Anfangsstück von t ist. Ω sei eine Menge und M ein Mengensystem in Ω. Dann heißt eine Abbildung (Bs) : SM, definiert durch \begin{eqnarray}({B}_{s})(s)={B}_{s}\in {\mathcal M}, \end{eqnarray} ein Souslin-Schema auf \( {\mathcal M} \), die Menge \begin{eqnarray}B:=\mathop{\bigcup}\limits_{G\in S}\mathop{\bigcap}\limits_{s\lt G}{B}_{s}\end{eqnarray} der Kern dieses Souslin-Schemas oder eine \( {\mathcal M} \)-Souslin-Menge, und die Menge aller Souslin-Mengen die Souslin-Erweiterung von \( {\mathcal M} \).

  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

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