Lexikon der Mathematik: Zahlenmystik
die Verwendung von Zahlen in Religion, Aberglaube und Pseudowissenschaft.
Darunter kann man insbesondere fassen:
• Zahlensymbolik, das Zuordnen nichtmathe-matischer Eigenschaften zu Zahlen, wodurch u. a. die Zahlen in ‚gute‘ und ‚schlechte‘ Zahlen unterschieden werden, die man dann natürlich anstreben bzw. meiden sollte. Verschiedene Kulturen sind teilweise zu sehr unterschiedlichen Auffassungen gelangt, welche Bedeutungen bestimmten Zahlen zuzuweisen seien. So steht etwa gemäß biblischer Zahlenmystik die Zahl Sechs für Vollkommenheit, da Gott die Welt in sechs Tagen erschaffen habe, während für die islamischen Mystiker die Sechs eher Hoffnungslosigkeit symbolisiert, weil sie die Welt als kubisches (also sechsseitiges) Gefängnis betrachten.
• Gematrie, das Abbilden von Wörtern auf Zahlen, im Glauben, aus den mystischen Eigenschaften dieser Zahlen ließen sich Erkenntnisse über die durch die Wörter bezeichneten Objekte gewinnen. Auch hierfür sind verschiedenste Verfahren gebräuchlich, etwa das Zuordnen von Zahlen zu den Buchstaben des Alphabets und Bestimmen der Werte der Wörter durch Summation der Buchstabenwerte. Es gibt hierfür so viele Möglichkeiten, daß sich wohl zu nahezu jedem Objekt eine Bezeichnung, eine Schreibweise und ein Abbildungsverfahren finden lassen, mit dem das Objekt auf eine gewünschte Zahl abgebildet wird.
• Pyramidologie, das Suchen versteckter numerischer Zusammenhänge etwa in den Abmessungen von Pyramiden, mit der Vorstellung, diese seien vorsätzlich von den Erbauern dort untergebracht worden, etwa um geheime Botschaften an die Nachwelt zu übermitteln. An Beispielen kann man leicht sehen, daß sich in einer hinreichend großen gestreuten Zahlenmenge nahezu beliebige Ergebnisse ‚entdecken‘ lassen. Diese Erscheinung ist verwandt mit den in der Ramsey-Theorie untersuchten Eigenschaften großer Graphen.
• Numerologie, das Zuordnen von Zahlen zu Menschen (oder auch Gegenständen oder Ereignissen), indem, über die Gematrie hinausgehend, etwa auch Geburtstage, Körpermaße oder gar Postleitzahlen und Telefonnummern als Datenquellen herangezogen werden, wiederum im Glauben, daß die mystischen Eigenschaften der Ergebniszahlen sich auf die Personen übertragen, aus deren Daten diese Zahlen errechnet wurden. Der sonderbare Einfall, man könne auf diese Weise etwas über die Menschen oder die Welt erfahren, geht vermutlich auf die Amerikanerin L. Dow Balliet zurück, die im Jahr 1905 ein Buch über dieses Thema verfaßt hat.
[1] Dudley, U.: Die Macht der Zahl. Was die Numerologie uns weismachen will. Birkhäuser Basel, 1999.
[2] Endres, F. C.; Schimmel, A.: Das Mysterium der Zahl. Zahlensymbolik im Kulturvergleich. Diederichs München, 2001.
[3] Randow, G. von: Mein paranormales Fahrrad. Rowohlt Reinbek, 1993.
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