Lexikon der Neurowissenschaft: Enuresis
Enuresis w,1) i.w.S. jegliche im Kindesalter auftretende Unfähigkeit zur Harnverhaltung im wachen Zustand durch seelische Störungen oder Gehirn- und Rückenmarkserkrankungen. 2) i.e.S. das kindliche Einnässen nach Vollendung des 4. Lebensjahres ohne organische Ursache. Die Bezeichnung Enuresisnocturna beschreibt die nicht organisch bedingte Funktionsstörung des Einnässens in der Nacht (Nachtnässen, Bettnässen), Enuresis diurna bezeichnet das nicht organisch bedingte Tagnässen(Konfliktnässen;siehe Zusatzinfo ). Regression.
Enuresis
Für die Enuresis in der Nacht sowie für die Enuresis am Tag, das Konfliktnässen, kommt es unabhängig von der Blasenfüllung zur unkontrollierten Harnabgabe. Beim Enuresis-Kind verstärken belastende Erfahrungen nicht nur – wie bei allen Kindern – das Zuwendungsbedürfnis, sondern gleichzeitig die Tendenz, die Blase zu entleeren. Diese Assoziation könnte ein mit Zuwendung belohnter Lernprozeß bewirken. Wenn z.B. ein Säugling besonders zuwendungsbedürftig ist und/oder zuwenig Zuwendung erhält und diese fast ausschließlich auf die Zeit des Wickelns konzentriert ist, sind die wesentlichen Voraussetzungen für diesen speziellen Verknüpfungsprozeß gegeben: der Säugling lernt im Lauf der Zeit seine Harnabgabe als ein Verhalten kennen, das mit einer nachfolgenden Pflegehandlung belohnt wird, die sein Zuwendungsbedürfnis zumindest kurzfristig befriedigt. Auf der Ebene der Verhaltenssteuerung käme es zu folgender Verknüpfung: Sobald beim Kind das Zuwendungsbedürfnis erhöht ist, wird unbewußt die Harnabgabe ausgelöst, da auf sie "erfahrungsgemäß" Zuwendung erfolgt. Dieser Prozeß muß wieder rückgängig gemacht werden. Dies kann nur dadurch geschehen, daß das Zuwendungsbedürfnis, sobald es auftritt, sofort und situationsgerecht befriedigt wird, bevor es die Harnabgabe auslöst. Der zweite notwendige Schritt ist das Auslöschen (Extinktion) des erlernten Zusammenhangs. Dieses erfolgt, wenn alle den Lernprozeß auffrischenden Erfahrungen oder als Bestätigung empfundenen Umweltreaktionen ausbleiben.
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