Lexikon der Neurowissenschaft: magnetischer Sinn
magnetischer Sinn,Magnetfeldrezeption, Magnetorezeption,E magnetic field perception, Fähigkeit von Organismen, ein Magnetfeld wahrzunehmen (z.B. das Magnetfeld der Erde) und sich daran zu orientieren (Magnetfeldorientierung, Magnetotaxis). Über einen magnetischen Sinn verfügen vermutlich Lebewesen aller Organisationsstufen von Bakterien bis zu den Wirbeltieren. Meistens orientieren sich die Tiere aber nicht ausschließlich mit Hilfe des magnetischen Sinns; es werden weitere Sinneswahrnehmungen mit verrechnet (z.B. Schwerkraft, Sonnen- und Sternenlicht, Geruch, Infraschall, Luftdruck, UV- und Lichtpolarisation). Die genauen Perzeptionsmechanismen des Erdmagnetfelds sind bisher weitestgehend unbekannt, scheinen aber nach unterschiedlichen Methoden zu erfolgen ( siehe Zusatzinfo ). – Die Bienensprache ist durch magnetische Felder beeinflußbar; aus dem Abdomen der Bienen wurden Magnetit-Kristalle isoliert. Dieses Material fand sich auch im Gehirn von Thunfischen, Delphinen und Vögeln. Eine Anordnung dieser Magnetitkristalle wurde in einer Ausbuchtung des Siebbeins von Thunfischen gefunden. In dieser – sehr stark innervierten – Region befinden sich 85·106 Kristalle mit einer Länge von 5·10-7 mm. Nach Berechnungen sollen die Tiere mit Hilfe dieser Magnetitansammlungen in der Lage sein, noch Feldstärkeunterschiede von 1-100·10-9 Tesla zu registrieren und die Richtung der Feldlinien bis auf wenige Bogensekunden genau wahrzunehmen. Ähnliche Magnetitansammlungen wurden bei Forellen in Nervenzellen hinter der Nase sowie bei einigen Zugvögeln entlang des Riechnervs, in der Nähe des Bulbus olfactorius, zwischen den Augen und in einigen Hirnarealen gefunden. Die Vögel scheinen sich mit Hilfe dieser Magnetitanhäufungen entweder an der Richtung oder der Neigung der Feldlinien des Erdmagnetfelds zu orientieren. Obwohl bei vielen Tieren der eindeutige Nachweis der Magnet-Kompaßorientierung gelang, konnten bisher keine eigentlichen magnetischen Sinnesorgane gefunden werden. Biomagnetismus, Elektrosmog.
magnetischer Sinn
Am besten untersucht ist der der Magnetfeldorientierung zugrundeliegende Mechanismus bei Magnetbakterien aus dem Bodenschlamm von Gewässern; diese Bakterien schwimmen im Freiwasser den Magnetfeldlinien entlang zum Magnetpol hinunter zum Schlamm. Die Bakterien sind zu klein, als daß sie dem Schwerefeld folgend nach unten sinken könnten. Als Rezeptoren enthalten die Bakterien 10-20gliedrige Ketten von membranumhüllten, 50 nm großen Magnetit-(Fe3O4-) Würfeln, sogenannte Magnetosomen. Vermutlich wird das mechanische Drehmoment bei der Abweichung der Dipolrichtung der Magnetosomen von der Richtung des Außenfelds zur Steuerung der Schwimmbewegung verwendet. Bei Wachstum auf eisenfreiem Medium verschwinden die Magnetitkristalle und die Fähigkeit zur Magnetfeldorientierung.
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