Lexikon der Neurowissenschaft: Tinnitus
Tinnitusm [von latein. tinnire = klingen], Ohrgeräusch, Ohrensausen, E ear noises, ringing in the ear, vom Patienten wahrgenommene Geräusche, die durch das Ohr und das auditorische System erzeugt werden. Man unterscheidet objektive Ohrgeräusche, erzeugt durch vaskuläre oder muskuläre Störungen im Mittelohr, von subjektiven Ohrgeräuschen (Tinnitus aurium), welche ein Begleitsyndrom unterschiedlicher Erkrankungen von Mittelohr, Cochlea und aufsteigendem auditorischem System darstellen. Subjektiver Tinnitus tritt meist in Form von Tonwahrnehmungen auf. Die Frequenzen der wahrgenommenen Töne sind oft korreliert mit frequenzspezifischem Hörverlust (häufig, aber nicht immer, ähnliche Frequenz wie die wahrgenommenen Töne), der im Audiogramm sichtbar ist. Hauptursache ist eine Schädigung der Haarzellen im Corti-Organ. Jedoch kommt es mit zunehmendem Verlauf dieser Krankheit aufgrund neuronaler Plastizität zu einer immer stärker werdenden Beteiligung des auditorischen Diencephalons und auditorischen Cortex; neuronale Schaltkreise im Cortex scheinen zu "lernen", den Phantomton, der zunächst von der Cochlea und dem Hörnerven ausgeht, selbst zu erzeugen. Die zugrundeliegende neuronale Reorganisation ist auch sichtbar in einer Veränderung der Tonotopie im auditorischen Cortex. Der Versuch einer Therapie ist bislang trotz vielfältiger Bemühungen nur ansatzweise möglich. Zur Linderung der Symptome wird beispielsweise versucht, die Wahrnehmung des Phantomtons zumindest zeitweilig durch akustische Maskierung, d.h. durch Reizung mit Tönen oder Rauschen im Frequenzbereich des Tinnitus, zu stören (Tinnitusmasker). Um eine langfristige Linderung zu verschaffen, wird versucht, die Aufmerksamkeit des Patienten, z.B. durch gezielte akustische Darbietungen, vom Tinnitus wegzubewegen und dadurch ein "Umlernen" corticaler Schaltkreise zu bewirken (Tinnitus-Retraining-Therapie).
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