Metzler Lexikon Philosophie: Doppelgänger-Argument
Ziel dieser von Putnam eingeführten Argumentation ist es, zu zeigen, dass Bedeutungen nicht im Kopf existieren. Vielmehr wird die Extension von Termen für natürliche Arten indexikalisch und damit von der Realität außerhalb des Mentalen bestimmt. Den Ausgangspunkt nimmt seine Argumentation bei Annahmen über den Sinn sprachlicher Ausdrücke: (1) Der Sinn eines sprachlichen Ausdrucks bestimmt seinen Bezug. Ausdrücke mit demselben Sinn können demnach keinen verschiedenen Bezug haben. Diese Annahme ist auf Frege zurückzuführen. (2) Der kompetente Sprecher einer Sprache kennt den Sinn aller Ausdrücke dieser Sprache. Der von Frege (»Über Sinn und Bedeutung« 1892), aber auch von Carnap (Meaning and Necessity, 1947) vertretenen mentalistischen Semantik liegt die Auffassung zugrunde, dass die notwendige und hinreichende Bedingung für das Verstehen eines Ausdrucks ist, dass man sich in einem bestimmten psychischen Zustand befindet, der die Extension eines Ausdrucks festlegt. Das impliziert, dass beide Annahmen wahr sind. Um zu zeigen, dass nicht beide Annahmen wahr sein können, führt Putnam das D. an. Dazu müssen wir uns zwei Sprachgemeinschaften vorstellen, deren Mitglieder dieselben Ausdrücke benutzen und denselben grammatikalischen Regeln folgen. Da sie sich auch in ihren intensionalen Zuständen nicht unterscheiden sollen, verbinden die Mitglieder der einen Sprachgemeinschaft mit den Ausdrücken ihrer Sprache genau denselben Sinn wie die Mitglieder der anderen Sprachgemeinschaft. Putnam wendet dagegen ein, dass sich Umstände angeben lassen, unter denen zumindest ein Ausdruck in der einen Sprache einen anderen Bezug hat als in der anderen. Wenn das zutrifft, können die Annahmen (1) und (2) nicht beide richtig sein. Das D. beruht auf folgendem Gedankenexperiment: Nehmen wir an, es gäbe eine Zwillingserde, auf der alles genau so ist wie auf unserer Erde mit einer Ausnahme: Bei gleichem Erscheinungsbild und gleicher biologischer Funktion hat das Wasser dort nicht die chemische Struktur H2O, sondern XYZ. D.h. dass die Extension des Terms »Wasser« auf der Erde eine andere ist als auf der Zwillingserde. Obwohl Sprecher der Erde und der Zwillingserde in demselben psychischen Zustand sind und dasselbe Wissen über Wasser haben, hat das deutsche Wort »Wasser« eine andere Bedeutung als das Wort »Wasser« auf der Zwillingserde. Denn das deutsche Wort trifft auf H2O zu, das Wort der Zwillingserde dagegen auf XYZ. Die Verschiedenheit der Extension des Wortes »Wasser« ist durch die verschiedene chemische Struktur dessen, was jeweils als Wasser bezeichnet wird, begründet. Putnam führt dagegen ins Feld, dass Begriffe für natürliche Arten, wie z.B. das Wort »Wasser«, ihre Bedeutung durch hinweisende Definition erhalten: Wasser ist alles (bspw. See, Fluss, Regen), worauf sich ein Mitglied einer Sprachgemeinschaft unter Beachtung des allgemeinen Sprachgebrauchs bezieht. Die mögliche Unkenntnis des Einzelnen bezüglich der chemischen Struktur gleicht Putnam durch das Prinzip der sprachlichen Arbeitsteilung aus, in Bezug auf die hinweisende Definition schließt er sich Kripkes Vorschlag von starren Designatoren an.
Literatur:
- A. Beckermann: Analytische Einführung in die Philosophie des Geistes. Berlin/New York 1999. S. 351–369
- T. Burge: Individualism and the Mental. In: Midwest Studies in Philosophy 4 (1979). S. 73–121
- H. Putnam: Die Bedeutung von »Bedeutung«. Frankfurt 1979. S. 31 ff. S. 85 ff.
PP
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