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Metzler Lexikon Philosophie: Patristik

Bezeichnung seit dem 17. Jh. für die nachapostolische Epoche der Kirchenväter in Theologie und Philosophie (je nach Lesart also etwa das 2.–8. Jh.). In der P. erfolgen prägende Weichenstellungen, z.B. Bestimmung des Schriftkanons und seiner Auslegung, der Sukzession, der Ämter, der Sakramente, oft durch Abscheidung »häretischer« Positionen (Pelagianismus; Gnosis), auch durch Entfaltung der christlichen Lehre durch die Reflexion der Offenbarung im Bezug auf die biblischen Schriften und die zeitgenössische Philosophie. Die Lehren der Väter werden das ganze MA. hindurch hoch geschätzt, zitiert und kommentiert. Als überragend darf dabei das Werk des Augustinus gelten. Dessen im theologischen Kontext entstandenen Überlegungen z.B. zum Problem der Zeit (Confessiones XI), zum Stellenwert menschlicher Freiheit (im Streit um die Gnade) oder zur strukturierten Einheit der Seele (Verstand, Wille, Erinnerung als Abbild der Trinität) bleiben darüber hinaus dauerhaftes Thema.

Am Beginn (z.B. Justin, Tertullian) steht die Verteidigung des Christentums gegen die heidnische Umwelt (die sog. »Apologeten«). Später bestimmen innerkirchliche Streitfragen (z.B. Christologie oder Gnadenlehre) die Diskussion. – Der Rückgriff auf die »heidnische« Philosophie war nicht unumstritten (z.B. setzt Tertullian »Jerusalem« gegen »Athen« ab), häufiger sah man in ihr eine »Vorschule« (propaideia, so Klemems v. Alexandrien). Gängige Praxis war die Übernahme der Terminologie, z.B. des »Logos«, der außer griechischen auch biblische (Joh. 1, 1–5) Konnotationen hatte. Gegenüber dessen Inkarnation erscheint die griechische und jüdische Tradition als eine Art »Proto-Offenbarung«. – Besondere Affinität zeigt sich im Verhältnis zum Platonismus in verschiedener Spielart (platonischer Vorrang von Geistigem vor dem Körperlichen, z.B. Gregor v. Nyssa; mittelplatonische Betonung der Tranzendenz Gottes, z.B. Justin; neuplatonisches Schema von Ausgang und Rückkehr, z.B. Origenes); aber mit Blick auf die biblische Überlieferung wird die philosophische Lehre modifiziert. Platon (v. a. im Timaios) und der Neuplatonismus kennen eine Entstehung der Welt. Die christliche Einschränkung betont die voraussetzungslose Souveränität Gottes bei der Schöpfung. Die klare Trennung zwischen Gott und Geschöpf erlaubt keine kontinuierliche Seinshierarchie; besonders virulent wirkt diese Trennung auf den Status des Sohnes (als »Logos Gottes«), der nicht geschaffen sein kann (Arianismus). Die (leibliche) Auferstehung bildet die Schranke gegen eine rein geistige Anthropologie und (zusammen mit der Gutheit der Schöpfung) gegen einen Dualismus, der das Böse der Materie zuweist (vgl. Stead, S. 63f). – Ein philosophisches Novum bildet die Geschichtsphilosophie der P., in der Christus – bei Irenäus ist er »recapitulatio«, Wiederholung und Korrektur – die Mitte zwischen Schöpfung und Vollendung bildet. Origenes sieht ihn als Beginn eines Übergangs, der stufenweise zu einer Wiederherstellung (Apokatastasis) der aus freiem Willen gefallenen Wesen führt. Augustinisch ist die Geschichte Schauplatz eines Dualismus zwischen dem irdischen und dem Gottes-»Staat«, an dessen Ende beide getrennt und die »civitas Dei« als Sieger hervorgehen wird.

Zum Erbe der P. gehören ferner: die Fundierung mystischen Denkens, v.a. bei Dionysios (Pseudo-) Areopagita; das denkerische Durchschreiten der Namen Gottes, die aus der Welt stammen (Licht, Sein), führt über der Negation hinaus zur Rückkehr zum unaussprechlichen Einen; die Einführung wichtiger philosophischer Begriffe (z.B. »Person« stammt aus der Trinitätstheologie); die Kompilierung, Kommentierung und Weitergabe der klassischen Philosophie (bes. durch Boethius).

Literatur:

  • Texte in: J. P. Migne: Patrologiae cursus completus. (PG: Series graeca; PL: Series latina) – BKV (Bibliothek der Kirchenväter) – Auswahl in: A.M. Ritter: Alte Kirche 31985
  • K. Flasch: Augustin. Stuttgart 1980
  • Ders.: Das philosophische Denken im Mittelalter (Teil I). Stuttgart 1986
  • E. v. Ivánka: Plato christianus. Einsiedeln 1964
  • E. Osborn: Anfänge christlichen Denkens. Düsseldorf 1987
  • Ch. Stead: Philosophie und Theologie I. Stuttgart/Berlin/Köln 1990.

PK

  • Die Autoren
AA Andreas Arndt, Berlin
AB Andreas Bartels, Paderborn
AC Andreas Cremonini, Basel
AD Andreas Disselnkötter, Dortmund
AE Achim Engstler, Münster
AG Alexander Grau, Berlin
AK André Kieserling, Bielefeld
AM Arne Malmsheimer, Bochum
AN Armin Nassehi, München
AR Alexander Riebel, Würzburg
ARE Anne Reichold, Kaiserslautern
AS Annette Sell, Bochum
AT Axel Tschentscher, Würzburg
ATA Angela T. Augustin †
AW Astrid Wagner, Berlin
BA Bernd Amos, Erlangen
BBR Birger Brinkmeier, Münster
BCP Bernadette Collenberg-Plotnikov, Hagen
BD Bernhard Debatin, Berlin
BES Bettina Schmitz, Würzburg
BG Bernward Gesang, Kusterdingen
BI Bernhard Irrgang, Dresden
BK Bernd Kleimann, Tübingen
BKO Boris Kositzke, Tübingen
BL Burkhard Liebsch, Bochum
BR Boris Rähme, Berlin
BS Berthold Suchan, Gießen
BZ Bernhard Zimmermann, Freiburg
CA Claudia Albert, Berlin
CH Cornelia Haas, Würzburg
CHA Christoph Asmuth, Berlin
CHR Christa Runtenberg, Münster
CI Christian Iber, Berlin
CJ Christoph Jäger, Leipzig
CK Christian Kanzian, Innsbruck
CL Cornelia Liesenfeld, Augsburg
CLK Clemens Kauffmann, Lappersdorf
CM Claudius Müller, Nehren
CO Clemens Ottmers, Tübingen
CP Cristina de la Puente, Stuttgart
CS Christian Schröer, Augsburg
CSE Clemens Sedmak, Innsbruck
CT Christian Tewes, Jena
CZ Christian Zeuch, Münster
DG Dorothea Günther, Würzburg
DGR Dorit Grugel, Münster
DH Detlef Horster, Hannover
DHB Daniela Hoff-Bergmann, Bremen
DIK Dietmar Köveker, Frankfurt a.M.
DK Dominic Kaegi, Luzern
DKÖ Dietmar Köhler, Witten
DL Dorothea Lüddeckens, Zürich
DP Dominik Perler, Berlin
DR Dane Ratliff, Würzburg und Austin/Texas
EE Eva Elm, Berlin
EJ Eva Jelden, Berlin
EF Elisabeth Fink, Berlin
EM Ekkehard Martens, Hamburg
ER Eberhard Rüddenklau, Staufenberg
EWG Eckard Wolz-Gottwald, Davensberg
EWL Elisabeth Weisser-Lohmann, Bochum
FBS Franz-Bernhard Stammkötter, Bochum
FG Frank Grunert, Basel
FPB Franz-Peter Burkard, Würzburg
FW Fabian Wittreck, Münster
GK Georg Kneer, Leipzig
GKB Gudrun Kühne-Bertram, Ochtrup
GL Georg Lohmann, Magdeburg
GM Georg Mildenberger, Tübingen
GME Günther Mensching, Hannover
GMO Georg Mohr, Bremen
GN Guido Naschert, Tübingen
GOS Gottfried Schwitzgebel, Mainz
GS Georg Scherer, Oberhausen
GSO Gianfranco Soldati, Tübingen
HB Harald Berger, Graz
HD Horst Dreier, Würzburg
HDH Han-Ding Hong, Düsseldorf
HG Helmut Glück, Bamberg
HGR Horst Gronke, Berlin
HL Hilge Landweer, Berlin
HND Herta Nagl-Docekal, Wien
HPS Helke Pankin-Schappert, Mainz
HS Herbert Schnädelbach, Berlin
IR Ines Riemer, Hamburg
JA Johann S. Ach, Münster
JC Jürgen Court, Köln
JH Jörg Hardy, Münster
JHI Jens Hinkmann, Bad Tölz
JK Jörg Klawitter, Würzburg
JM Jörg F. Maas, Hannover
JOP Jeff Owen Prudhomme, Macon/Georgia
JP Jörg Pannier, Münster
JPB Jens Peter Brune
JQ Josef Quitterer, Innsbruck
JR Josef Rauscher, Mainz
JRO Johannes Rohbeck, Dresden
JS Joachim Söder, Bonn
JSC Jörg Schmidt, München
JV Jürgen Villers, Aachen
KDZ Klaus-Dieter Zacher, Berlin
KE Klaus Eck, Würzburg
KG Kerstin Gevatter, Bochum
KH Kai-Uwe Hellmann, Berlin
KHG Karl-Heinz Gerschmann, Münster
KHL Karl-Heinz Lembeck, Würzburg
KJG Klaus-Jürgen Grün, Frankfurt a.M.
KK Klaus Kahnert, Bochum
KRL Karl-Reinhard Lohmann, Witten
KS Kathrin Schulz, Würzburg
KSH Klaus Sachs-Hombach, Magdeburg
LG Lutz Geldsetzer, Düsseldorf
LR Leonhard Richter, Würzburg
MA Mauro Antonelli, Graz
MB Martin Beisler, Gerbrunn
MBI Marcus Birke, Münster
MBO Marco Bonato, Tübingen
MD Max Deeg, Cardiff
MDB Matthias Bloch, Bochum
ME Michael Esfeld, Münster
MFM Martin F. Meyer, Koblenz/Landau
MK Matthias Kunz, München
MKL Martin Kleinsorge, Aachen
MKO Mathias Koßler, Mainz
ML Mark Lekarew, Berlin
MLE Michael Leibold, Würzburg
MM Matthias Maring, Karlsruhe
MN Marcel Niquet, Frankfurt a.M.
MQ Michael Quante, Köln
MR Mathias Richter, Berlin
MRM Marie-Luise Raters-Mohr, Potsdam
MS Manfred Stöckler, Bremen
MSI Mark Siebel, Hamburg
MSP Michael Spang, Ellwangen
MSU Martin Suhr, Hamburg
MW Markus Willaschek, Münster
MWÖ Matthias Wörther, München
NM Norbert Meuter, Berlin
OB Oliver Baum, Bochum
OFS Orrin F. Summerell, Bochum
PE Peter Eisenhardt, Frankfurt a.M.
PCL Peter Ch. Lang, Frankfurt a.M.
PK Peter Kunzmann, Jena
PN Peter Nitschke, Vechta
PP Peter Prechtl †
RD Ruth Dommaschk, Würzburg
RDÜ Renate Dürr, Karlsruhe
RE Rolf Elberfeld, Hildesheim
REW Ruth Ewertowski, Stuttgart
RH Reiner Hedrich, Gießen
RHI Reinhard Hiltscher, Stegaurach
RK Reinhard Kottmann, Münster
RL Rudolf Lüthe, Koblenz
RLA Rolf-Jürgen Lachmann, Berlin
RM Reinhard Mehring, Berlin
RP Roland Popp, Bremen
RS Regina Srowig, Würzburg
RTH Robert Theis, Strassen
RW Raymund Weyers, Köln
SD Steffen Dietzsch, Berlin
SIK Simone Koch, Bochum
SP Stephan Pohl, Dresden
SZ Snjezana Zoric, Würzburg
TB Thomas Bausch, Berlin
TBL Thomas Blume, Dresden
TF Thomas Friedrich, Mannheim
TG Thomas Grundmann, Köln
TH Thomas Hammer, Frankfurt a.M.
TK Thomas Kisser, München
TM Thomas Mormann, Unterhaching
TN Thomas Noetzel, Marburg
TP Tony Pacyna, Jena
TW Thomas Welt, Bochum
UB Ulrich Baltzer, München
UT Udo Tietz, Berlin
UM Ulrich Metschl, München/Leonberg
VG Volker Gerhardt, Berlin
VM Verena Mayer, München
VP Veit Pittioni, Innsbruck
VR Virginie Riant, Vechta
WAM Walter Mesch, Heidelberg
WB Wilhelm Baumgartner, Würzburg
WH Wolfram Hinzen, Bern
WJ Werner Jung, Duisburg
WK Wulf Kellerwessel, Aachen
WL Winfried Löffler, Innsbruck
WM Wolfgang Meckel, Butzbach
WN Wolfgang Neuser, Kaiserslautern
WP Wolfgang Pleger, Cochem/Dohr
WS Werner Schüßler, Trier
WST Wolfgang Struck, Erfurt
WSU Wolfgang Schulz, Tübingen
WvH Wolfram von Heynitz, Weiburg

Herausgegeben von Peter Prechtl (†) und Franz-Peter Burkard.

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