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Metzler Lexikon Philosophie: System

(griech.: Gebilde, Zusammenstellung). (1) Deutscher Idealismus: Generell meint der Begriff des S.s einen Zusammenhang von einzelnen Teilen, die voneinander abhängig sind und so ein Ganzes bilden, das einer bestimmten Ordnung unterliegt. In dieser Hinsicht ist das S. auch im Deutschen Idealismus relevant. Kant definiert den S.begriff in der KrV als »die Einheit der mannigfaltigen Erkenntnisse unter einer Idee« (B 860). Die Idee postuliert dabei ein »nach notwendigen Gesetzen zusammenhängendes S.« (B 673), während das zufällige Aggregat der Gegensatz zum S. ist. Auch die Vernunft ist ein S., das »in ihrem reinen Gebrauche, vermittels bloßer Begriffe« nach »Grundsätzen der Einheit« forscht (B 766). In der KU tritt das S. im Hinblick auf die Natur, die ein teleologisches S. ist, auf. So zeigt sich bei Kant eine umfassende Bestimmung des S.begriffs, der auf die weitere Entwicklung des Deutschen Idealismus einen großen Einfluss nahm. – Im Anschluss an Kant entwickelt Fichte einen S.begriff in der Wissenschaftslehre, die er seit 1794 immer wieder neu überarbeitet und somit sein S. modifiziert hat und deren Objekt »das S. des menschlichen Wissens« (GA I, 2, 140) ist. Diese Suche nach der Möglichkeit von Wissen offenbart sich in einem S. von Bewusstsein und Tathandlung, das Fichte in Grundsätzen darlegt. In der Tathandlung weiß oder setzt sich das Bewusstsein bzw. Ich selbst. Zugleich weiß es um ein von ihm Unterschiedenes, also sind es und das von ihm Unterschiedene teilbar. Im S. der Sittenlehre (1798) leitet er das Sittliche aus dem Ich ab, das als tätiges in der Welt ist. – Hegels Bemühungen um ein S. zeigen sich bereits im sog. Ältesten Systemprogramm des Deutschen Idealismus (1796/97), in dem die Ethik (im Sinne der Kantischen Postulatenlehre) ein S. aller Ideen ist. Die Ideen sind hier die Freiheit und die Schönheit. Des weiteren fordert Hegel eine sinnliche Religion, die in Einklang mit der Vernunft steht. In den Jahren 1801 bis 1807 arbeitet Hegel in Jena an S.entwürfen, in denen er eine dialektische Methode zur Erkenntnis des Absoluten entwickelt. In der Phänomenologie (1807) zeigt Hegel, dass die Wahrheit nur in einem wissenschaftlichen S. sein kann. S., Wissenschaft und Philosophie werden hier gleichgestellt, wobei die Phänomenologie als der erste Teil des S.s (GW 9, 24) auf dem Wege einer Bildungsgeschichte des Bewusstseins zum absoluten Wissen führen soll. Die S.konzeption ändert sich in der Logik (1812–1816 und 1832), und die Phänomenologie verliert ihre Einleitungsfunktion in dieses Werk. Als Einheit von Logik und Metaphysik ist die Logik, deren Form und Inhalt das reine Denken ist, die begriffliche Basis für das gesamte S. Auch in der Encyclopädie (1817, 1827, 1830) fordert Hegel, dass die Philosophie S.charakter haben muss, so dass ihre Teile ein durch die Idee strukturiertes Ganzes bilden. – Schellings Arbeit an einem S. beginnt bereits in der frühen Schrift Vom Ich als Princip der Philosophie (1795), in der die Philosophie als S.philosophie entwickelt wird, wobei das Ich als Prinzip der Philosophie ihre Einheit und damit die Einheit allen Wissens ist. In den Ideen zu einer Philosophie der Natur (1797), der ersten naturphilosophischen Schrift Schellings, sollen sich das S. der Natur und das S. des Geistes entsprechen. Das S. der Naturphilosophie entwickelt Schelling in den folgenden Schriften weiter, indem er die Stufenleiter in der Natur, die unbedingt und tätig ist, zu einem Höchsten darlegt. Als Gegenstück hierzu versucht Schelling im S. des Transzendentalen Idealismus (1800) transzendentalphilosophisch ein »S. des gesamten Wissens« (SW III, 330), das die theoretische, praktische Philosophie, die Teleologie der Natur und die Philosophie der Kunst umfasst, zu entfalten. In seinen späteren Schriften wird von Schelling das Verhältnis und die Vereinbarkeit von S. und Freiheit in einem theologischen Kontext neu gedacht. – Die verschiedenen Konzeptionen des S.begriffs sind aus der Diskussion der Zeit und damit aus dem kritischen Bezug der genannten Philosophen aufeinander entstanden. Die Wandlungen dieses Begriffes sind dabei immer auch Ausdruck einer Entwicklung des philosophischen S.s, so dass von einem einheitlichen Begriff nicht gesprochen werden kann, sondern immer aus dem Kontext des jeweiligen Werkes und der Entwicklungsgeschichte erschlossen werden muss.

Literatur:

  • D. Henrich (Hg.): Stuttgarter Hegel-Kongreß 1975. Ist systematische Philosophie möglich? Hegel-Studien Beiheft 17. Bonn 1977
  • K. Düsing/D. Henrich (Hg.): Hegel-Tage Zwettl 1977: Hegel in Jena 1801–1805. Die Entwicklung des Systems und die Zusammenarbeit mit Schelling. Hegel-Studien Beiheft 20. Bonn 1980
  • E. Kraus: Der Systemgedanke bei Kant und Fichte. Berlin 1916
  • A. Mues (Hg.): Transzendentalphilosophie als System. Die Auseinandersetzung zwischen 1794–1806. Hamburg 1989
  • A. Schurr: Philosophie als System bei Fichte, Schelling und Hegel. Stuttgart-Bad Cannstatt 1974.

AS

(2) Auch die Politikwissenschaft spricht von S.en und ihrem Vergleich, wenn nach den Leitkanten unterschiedlicher gesellschaftlicher und politischer Ordnungen gefragt wird. In dem politikwissenschaftlichen Begriff schwingt aber auch schon das die soziologische Theoriebildung (Systemtheorie) bestimmende Systemverständnis eines durch interdependente Beziehungen der Systemelemente und ihrem Austausch mit der »Umwelt« des S.s definiertes Ganzes mit. Von S. kann nach N. Luhmann erst mit der Auflösung religiöser/kosmologischer Welterklärungen gesprochen werden, die zu einer Pluralisierung des gesellschaftlichen, politischen, ideologischen Ordnungsbegriffs führt. Unterschiedliche S.e treten an die Stelle der Ordnung. Danach ist es möglich, unterschiedliche Wirklichkeitsbereiche als S.e zu beschreiben und das Vokabular der Systemwahrnehmung bestimmt heute einen großen Teil der Wissenschaftssprache. Es kann von politischen S.en, von psychischen, ökonomischen, biologischen S.en gesprochen werden. Im sozialen S. können Personen, Gruppen, Rollen, Kommunikation, Interaktion, Institutionen, Teilsysteme Elemente des zu beschreibenden S.s sein. Das sozialwissenschaftliche Denken in Systembegriffen verweist mit der Pluralisierung von Ordnungsentwürfen nicht nur auf die mögliche Vielzahl und Kontingenz von S.en, sondern bringt zwangsläufig die Reflexion der Systemgrenze mit sich. Nicht zufällig wird in der Politikwissenschaft im Hinblick auf bestimmte Organisationsleistungen schon von Welt-Systemen gesprochen. Habermas stellt den Mechanismen und Leitkanten der Ausdifferenzierung von gesellschaftlichen und politischen Teil-Systemen (Wirtschaft), deren Selbstregulierungstechniken tendenziell andere Elemente des S.s organisieren, »Lebenswelt« (unverstellte Kommunikation) als prekäre Systemgrenze gegenüber.

Literatur:

  • D. Henrich (Hg.): Stuttgarter Hegel-Kongreß 1975. Ist systematische Philosophie möglich? Hegel-Studien Beiheft 17. Bonn 1977
  • K. Düsing/D. Henrich (Hg.): Hegel-Tage Zwettl 1977: Hegel in Jena 1801–1805. Die Entwicklung des Systems und die Zusammenarbeit mit Schelling. Hegel-Studien Beiheft 20. Bonn 1980
  • E. Kraus: Der Systemgedanke bei Kant und Fichte. Berlin 1916
  • A. Mues (Hg.): Transzendentalphilosophie als System. Die Auseinandersetzung zwischen 1794–1806. Hamburg 1989
  • A. Schurr: Philosophie als System bei Fichte, Schelling und Hegel. Stuttgart-Bad Cannstatt 1974.

TN

  • Die Autoren
AA Andreas Arndt, Berlin
AB Andreas Bartels, Paderborn
AC Andreas Cremonini, Basel
AD Andreas Disselnkötter, Dortmund
AE Achim Engstler, Münster
AG Alexander Grau, Berlin
AK André Kieserling, Bielefeld
AM Arne Malmsheimer, Bochum
AN Armin Nassehi, München
AR Alexander Riebel, Würzburg
ARE Anne Reichold, Kaiserslautern
AS Annette Sell, Bochum
AT Axel Tschentscher, Würzburg
ATA Angela T. Augustin †
AW Astrid Wagner, Berlin
BA Bernd Amos, Erlangen
BBR Birger Brinkmeier, Münster
BCP Bernadette Collenberg-Plotnikov, Hagen
BD Bernhard Debatin, Berlin
BES Bettina Schmitz, Würzburg
BG Bernward Gesang, Kusterdingen
BI Bernhard Irrgang, Dresden
BK Bernd Kleimann, Tübingen
BKO Boris Kositzke, Tübingen
BL Burkhard Liebsch, Bochum
BR Boris Rähme, Berlin
BS Berthold Suchan, Gießen
BZ Bernhard Zimmermann, Freiburg
CA Claudia Albert, Berlin
CH Cornelia Haas, Würzburg
CHA Christoph Asmuth, Berlin
CHR Christa Runtenberg, Münster
CI Christian Iber, Berlin
CJ Christoph Jäger, Leipzig
CK Christian Kanzian, Innsbruck
CL Cornelia Liesenfeld, Augsburg
CLK Clemens Kauffmann, Lappersdorf
CM Claudius Müller, Nehren
CO Clemens Ottmers, Tübingen
CP Cristina de la Puente, Stuttgart
CS Christian Schröer, Augsburg
CSE Clemens Sedmak, Innsbruck
CT Christian Tewes, Jena
CZ Christian Zeuch, Münster
DG Dorothea Günther, Würzburg
DGR Dorit Grugel, Münster
DH Detlef Horster, Hannover
DHB Daniela Hoff-Bergmann, Bremen
DIK Dietmar Köveker, Frankfurt a.M.
DK Dominic Kaegi, Luzern
DKÖ Dietmar Köhler, Witten
DL Dorothea Lüddeckens, Zürich
DP Dominik Perler, Berlin
DR Dane Ratliff, Würzburg und Austin/Texas
EE Eva Elm, Berlin
EJ Eva Jelden, Berlin
EF Elisabeth Fink, Berlin
EM Ekkehard Martens, Hamburg
ER Eberhard Rüddenklau, Staufenberg
EWG Eckard Wolz-Gottwald, Davensberg
EWL Elisabeth Weisser-Lohmann, Bochum
FBS Franz-Bernhard Stammkötter, Bochum
FG Frank Grunert, Basel
FPB Franz-Peter Burkard, Würzburg
FW Fabian Wittreck, Münster
GK Georg Kneer, Leipzig
GKB Gudrun Kühne-Bertram, Ochtrup
GL Georg Lohmann, Magdeburg
GM Georg Mildenberger, Tübingen
GME Günther Mensching, Hannover
GMO Georg Mohr, Bremen
GN Guido Naschert, Tübingen
GOS Gottfried Schwitzgebel, Mainz
GS Georg Scherer, Oberhausen
GSO Gianfranco Soldati, Tübingen
HB Harald Berger, Graz
HD Horst Dreier, Würzburg
HDH Han-Ding Hong, Düsseldorf
HG Helmut Glück, Bamberg
HGR Horst Gronke, Berlin
HL Hilge Landweer, Berlin
HND Herta Nagl-Docekal, Wien
HPS Helke Pankin-Schappert, Mainz
HS Herbert Schnädelbach, Berlin
IR Ines Riemer, Hamburg
JA Johann S. Ach, Münster
JC Jürgen Court, Köln
JH Jörg Hardy, Münster
JHI Jens Hinkmann, Bad Tölz
JK Jörg Klawitter, Würzburg
JM Jörg F. Maas, Hannover
JOP Jeff Owen Prudhomme, Macon/Georgia
JP Jörg Pannier, Münster
JPB Jens Peter Brune
JQ Josef Quitterer, Innsbruck
JR Josef Rauscher, Mainz
JRO Johannes Rohbeck, Dresden
JS Joachim Söder, Bonn
JSC Jörg Schmidt, München
JV Jürgen Villers, Aachen
KDZ Klaus-Dieter Zacher, Berlin
KE Klaus Eck, Würzburg
KG Kerstin Gevatter, Bochum
KH Kai-Uwe Hellmann, Berlin
KHG Karl-Heinz Gerschmann, Münster
KHL Karl-Heinz Lembeck, Würzburg
KJG Klaus-Jürgen Grün, Frankfurt a.M.
KK Klaus Kahnert, Bochum
KRL Karl-Reinhard Lohmann, Witten
KS Kathrin Schulz, Würzburg
KSH Klaus Sachs-Hombach, Magdeburg
LG Lutz Geldsetzer, Düsseldorf
LR Leonhard Richter, Würzburg
MA Mauro Antonelli, Graz
MB Martin Beisler, Gerbrunn
MBI Marcus Birke, Münster
MBO Marco Bonato, Tübingen
MD Max Deeg, Cardiff
MDB Matthias Bloch, Bochum
ME Michael Esfeld, Münster
MFM Martin F. Meyer, Koblenz/Landau
MK Matthias Kunz, München
MKL Martin Kleinsorge, Aachen
MKO Mathias Koßler, Mainz
ML Mark Lekarew, Berlin
MLE Michael Leibold, Würzburg
MM Matthias Maring, Karlsruhe
MN Marcel Niquet, Frankfurt a.M.
MQ Michael Quante, Köln
MR Mathias Richter, Berlin
MRM Marie-Luise Raters-Mohr, Potsdam
MS Manfred Stöckler, Bremen
MSI Mark Siebel, Hamburg
MSP Michael Spang, Ellwangen
MSU Martin Suhr, Hamburg
MW Markus Willaschek, Münster
MWÖ Matthias Wörther, München
NM Norbert Meuter, Berlin
OB Oliver Baum, Bochum
OFS Orrin F. Summerell, Bochum
PE Peter Eisenhardt, Frankfurt a.M.
PCL Peter Ch. Lang, Frankfurt a.M.
PK Peter Kunzmann, Jena
PN Peter Nitschke, Vechta
PP Peter Prechtl †
RD Ruth Dommaschk, Würzburg
RDÜ Renate Dürr, Karlsruhe
RE Rolf Elberfeld, Hildesheim
REW Ruth Ewertowski, Stuttgart
RH Reiner Hedrich, Gießen
RHI Reinhard Hiltscher, Stegaurach
RK Reinhard Kottmann, Münster
RL Rudolf Lüthe, Koblenz
RLA Rolf-Jürgen Lachmann, Berlin
RM Reinhard Mehring, Berlin
RP Roland Popp, Bremen
RS Regina Srowig, Würzburg
RTH Robert Theis, Strassen
RW Raymund Weyers, Köln
SD Steffen Dietzsch, Berlin
SIK Simone Koch, Bochum
SP Stephan Pohl, Dresden
SZ Snjezana Zoric, Würzburg
TB Thomas Bausch, Berlin
TBL Thomas Blume, Dresden
TF Thomas Friedrich, Mannheim
TG Thomas Grundmann, Köln
TH Thomas Hammer, Frankfurt a.M.
TK Thomas Kisser, München
TM Thomas Mormann, Unterhaching
TN Thomas Noetzel, Marburg
TP Tony Pacyna, Jena
TW Thomas Welt, Bochum
UB Ulrich Baltzer, München
UT Udo Tietz, Berlin
UM Ulrich Metschl, München/Leonberg
VG Volker Gerhardt, Berlin
VM Verena Mayer, München
VP Veit Pittioni, Innsbruck
VR Virginie Riant, Vechta
WAM Walter Mesch, Heidelberg
WB Wilhelm Baumgartner, Würzburg
WH Wolfram Hinzen, Bern
WJ Werner Jung, Duisburg
WK Wulf Kellerwessel, Aachen
WL Winfried Löffler, Innsbruck
WM Wolfgang Meckel, Butzbach
WN Wolfgang Neuser, Kaiserslautern
WP Wolfgang Pleger, Cochem/Dohr
WS Werner Schüßler, Trier
WST Wolfgang Struck, Erfurt
WSU Wolfgang Schulz, Tübingen
WvH Wolfram von Heynitz, Weiburg

Herausgegeben von Peter Prechtl (†) und Franz-Peter Burkard.

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