Hirnforschung: Das Netzwerk des Geistes
Netzwerke bestimmen unser Leben. Jeden Tag nutzen wir komplexe Netze von Straßen, Schienen, Schifffahrtswegen oder Flugrouten. Hinzu kommen andere, die sich unserer unmittelbaren Anschauung entziehen, wie das World Wide Web, das Stromnetz und nicht zuletzt das Universum, in dem die Milchstraße einen winzigen Knotenpunkt in einem scheinbar unendlichen Netz von Galaxien darstellt. Doch nur wenige solcher Systeme von interaktiven Verbindungen erreichen die Komplexität, die in unserem Kopf herrscht.
Viele kennen die farbig gestalteten Illustrationen, mit denen Hirnforscher gern demonstrieren, dass bestimmte Areale während einer mentalen Aufgabe »aufleuchten«, wie etwa der Schläfenlappen in der Nähe des Ohrs, der am Gedächtnis mitwirkt, oder der Hinterhauptlappen, der visuelle Signale verarbeitet. Was bei diesen Abbildungen jedoch fehlt, ist das Zusammenspiel zwischen all den verschiedenen Hirnregionen. Um die komplexen neuronalen Interaktionen zu untersuchen, zu analysieren und zu prognostizieren, nutzen unsere Arbeitsgruppe und andere Forscherteams Konzepte und Methoden der mathematischen Graphentheorie. Damit möchten wir die scheinbar unüberbrückbare Erkenntnislücke schließen, die zwischen rastloser neuronal-elektrischer Hirnaktivität und den kognitiven Leistungen wie Wahrnehmen, Erinnern, Entscheiden, Lernen und Koordinieren klafft. Das neue Forschungsgebiet der Netzwerkneurowissenschaften geht nach wie vor davon aus, dass konkrete Regionen des Gehirns definierte Aufgaben erfüllen. Doch die eigentliche Grundlage unseres Geistes beruht auf dessen Netzwerk von knapp 100 Milliarden Neuronen mit mindestens 100 Billionen Verknüpfungspunkten, den Synapsen.
Aus Daten bildgebender Verfahren lassen sich Graphen mit Knoten und Kanten modellieren …
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