Gentechnik: Die neue Grüne Revolution
Am 14. Mai 1990 begann in Köln das erste Freisetzungsexperiment mit gentechnisch veränderten Pflanzen in Deutschland. Unter der Leitung des damaligen Direktors des Max-Planck-Instituts (MPI) für Züchtungsforschung, Heinz Saedler, war in das Erbgut von etwa 60 000 Petunienpflanzen ein zusätzliches Gen eingebaut worden. Der Erbfaktor stammte aus Maispflanzen und enthielt die Bauanleitung eines Enzyms, das die weißen Blüten der Petunien in lachsrote verwandelte.
Man hoffte damals, Petunien zu finden, bei denen die Erbanlage für die lachsrote Blütenfärbung durch ein springendes Gen zerstört worden war. Da dies ein seltener Vorgang ist, schien die gentechnische Veränderung zehntausender Pflanzen nötig, um am Ende einige wenige Individuen zu bekommen, die weiß-lachsrot gesprenkelte Blütenblätter tragen würden. Die MPI-Forscher veränderten das Genom der Petunien mit Hilfe des Bakteriums Agrobacterium tumefaciens – eine Methode, die etwa zehn Jahre zuvor am gleichen Institut entwickelt worden war.
Überraschenderweise zeigten nach Abschluss des Experiments rund 60 Prozent der Blüten eine weiß-rote Sprenkelung. Dieser völlig unerwartete Befund hatte zwei ganz unterschiedliche Konsequenzen. Zum einen stieß er eine neue Disziplin an, die pflanzliche Epigenetik. Denn wie sich später herausstellte, war die große Zahl gesprenkelter Blüten das Ergebnis eines trockenen und heißen Sommers, der über epigenetische Mechanismen zu einer veränderten Genaktivität geführt hatte. Zum anderen werteten Kritiker das Experiment als Beleg dafür, dass die Gentechnik mit vermeintlich unberechenbaren Risiken einhergehe.
Seit dieser Zeit hat sich die pflanzliche Gentechnik in verschiedenen Ländern in sehr unterschiedliche Richtungen entwickelt. Während in Deutschland und weiten Teilen der EU die Skepsis überwog und der Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen weitgehend untersagt wurde – mit Ausnahme Spaniens –, ist auf den beiden amerikanischen Teilkontinenten die Anbaufläche für gentechnisch veränderte Pflanzen (GV-Pflanzen) auf nunmehr etwa 180 Millionen Hektar gewachsen …
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