Ägypten: Das Grab des Magiers
Mumien und Pyramiden, kunstvolle Goldmasken und Götterstatuen, rätselhafte Wandmalereien und Tempelreliefs – solche materiellen Hinterlassenschaften repräsentieren im Bewusstsein der Öffentlichkeit das antike Ägypten. Doch mag uns auch die Büste der Königin Nofretete durch ihre Anmut in den Bann schlagen, ist ein anderer, weniger attraktiver Fund in ihrer Hauptstadt Amarna für Ägyptologen weit bedeutender: das Archiv des Palasts, das die Korrespondenz der Pharaonen mit Vasallen und anderen Herrschern aufbewahrte. Altägypten war eine Schriftkultur mit allen Spielarten, von der Inventarliste bis hin zu Märchen und Mythen. Sie entwickelte sogar gleich drei verschiedene Schriften für unterschiedliche Zwecke: die Hieroglyphen für Inschriften auf Monumenten sowie das Hieratische zunächst für alle Bereiche, später dann das Demotische primär für die mehr alltäglichen Dinge. Wer das Reich der Pharaonen verstehen will, muss die materiellen Überbleibsel im Kontext der schriftlichen Überlieferung sehen. Das ist mitunter ein ambitioniertes Ziel, wie die so genannten Ramesseum-Papyri zeigen, die mehr als 100 Jahre kaum ein Geheimnis preisgaben.
Ihren Namen verdanken sie dem im 13. Jahrhundert v. Chr. errichteten Totentempel Ramses‘ II. am Westufer des Nils bei Theben, denn unterhalb der zugehörigen Lagerräume waren die Ägyptologen James Quibell und William Matthew Flinders Petrie 1895 auf jenen Grabschacht gestoßen, der die Schriftstücke enthielt. Die Bezeichnung ist allerdings irreführend, denn die Papyri sind weit älter als das Ramesseum: Der Pharao des Neuen Reichs hatte seine monumentale Tempelanlage über Gräbern des 18. Jahrhunderts v. Chr. errichten lassen. Sicherlich hatten dort gut situierte Personen ihre letzte Ruhestätte gefunden, doch zählten sie offenbar noch nicht zur Elite. Denn ihre Gräber waren meist schmucklos, auch fehlten Inschriften, welche damals die Bedeutung des Verstorbenen unterstreichen sollten – und dem Forscher heute wichtige Informationen zur Einordnung der Anlage geben könnten. ...
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