Paläontologie: Als die Federn fliegen lernten
Der Urvogel Archaeopteryx gilt als einer der anschaulichsten fossilen Belege für Darwins Evolutionstheorie: Als mutmaßliche Übergangsform zwischen den Reptilien und den Vögeln trug er Merkmale beider Tiergruppen. Seit seiner ersten Entdeckung im Jahr 1861 wurden insgesamt elf fossile, häufig mit Federresten erhaltene Skelettexemplare sowie eine einzelne Feder beschrieben. Alle Fossilien des Urvogels stammen aus den Plattenkalksteinbrüchen der Südlichen Frankenalb in Bayern aus der Gegend um Solnhofen, Eichstätt und Riedenburg. Geologisch werden deren Schichtenfolgen dem Oberen Jura zugeordnet. Somit lebte Archaeopteryx vor etwa 150 Millionen Jahren im Erdmittelalter (Mesozoikum), dem "Zeitalter der Dinosaurier". Das neue, elfte Archaeopteryx-Exemplar stellte sein Besitzer dankenswerterweise für die wissenschaftliche Bearbeitung zur Verfügung, so dass wir sein besonders schön erhaltenes Gefieder detailliert studieren konnten.
Über 100 Jahre lang war Archaeopteryx der einzige fossile Beleg von den Anfängen der Vogelevolution. Daher spielte der Urvogel stets eine Schlüsselrolle in den wissenschaftlichen Diskussionen über den Ursprung der Vögel und vor allem die Entstehung ihres Flugs. Doch seit ungefähr 20 Jahren erweitern zahlreiche Fossilfunde verschiedener Raubdinosaurier (Theropoden) vor allem aus dem nordöstlichen China unsere diesbezüglichen Kenntnisse. Die betreffenden Gesteinsschichten in China sind zwischen 160 und 120 Millionen Jahre alt. Jene Fossilien zeigen: Archaeopteryx war nur einer von vielen gefiederten, bereits vogelähnlichen Theropoden. Die modernen Vögel werden inzwischen als eine Gruppe der Raubdinosaurier angesehen. Sie sind folglich eine überlebende Linie der Dinosaurier.
Unser Wissen über das Gefieder von Archaeopteryx basierte bislang hauptsächlich auf Untersuchungen an nur drei seiner Fossilien – nach den Orten der Museen, wo sie sich befinden, als Londoner, Berliner und Thermopolis-Exemplar (nach einer Stadt im US-Bundesstaat Wyoming) bezeichnet. Von diesen dreien sind die Federn des Berliner Exemplars am besten erhalten. Doch leider wurden bei diesem Stück Partien vom Körper- und Beingefieder bei früheren Präparationsarbeiten beschädigt und teilweise zerstört. Zudem weist keines der drei Fossilien eine vollständige Schwanzbefiederung auf.
Das von uns jetzt erstmals wissenschaftlich beschriebene elfte Archaeopteryx-Exemplar ist hingegen in so hervorragendem Zustand, dass wir das Federkleid des Urvogels neu rekonstruieren können. ...
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