Mikrokosmos: Extreme Atome
Will man ein Atom zerstören, gibt es mehrere Möglichkeiten. Linda Young wählte einen Schuss aus der weltweit stärksten Röntgenpistole. Ein einzelner Puls der am Beschleunigerlabor SLAC (Stanford Linear Accelerator Center) im kalifornischen Menlo Park installierten Linac Coherent Light Source liefert dieselbe Energiemenge wie die gesamte Sonnenstrahlung, die im selben Moment auf die Erde trifft – allerdings auf einen einzigen Quadratzentimeter konzentriert. Das Experiment, durchgeführt 2009 an dem damals neu in Betrieb genommenen 420 Millionen Dollar teuren Freie-Elektronen-Laser, beeindruckte auch Young selbst: "Dieser Strahl kann alles vernichten, was sich ihm in den Weg stellt", so die Leiterin der Röntgenabteilung des Argonne National Laboratory im US-Bundesstaat Illinois.
Young hatte ihn auf Neonatome gerichtet, die je zehn Elektronen besitzen. Im Moment des Aufpralls explodierten die Teilchen regelrecht: Innerhalb von nur 100 Femtosekunden (eine Femtosekunde sind 10–15 Sekunden) entriss der Röntgenpuls ihnen sämtliche Elektronen. Young stellte allerdings fest, dass die Strahlung zuerst die inneren Elektronen des Atoms erwischte, während die äußeren erst einmal an Ort und Stelle blieben. Für einen kurzen Moment waren die Neonatome gewissermaßen hohl.
Young ist nicht die einzige, die mit Atomen bizarre Versuche anstellt. Rund 100 Jahre nachdem Niels Bohr sein Atommodell entwickelt hat, bringen Physiker immer mehr exotische Gebilde hervor. Einige Teams blähen Atome auf die Größe von Staubpartikeln auf, andere erzeugen sie aus Antimaterie. Wieder andere beladen Atomkerne mit zusätzlichen Protonen und Neutronen, um neue superschwere Elemente zu erschaffen. Manche Forscher konzentrieren sich auf die Untersuchung der atomaren Struktur, andere betrachten die gezielte Manipulation von Atomen nur als ersten Schritt, um dasselbe mit noch komplexeren Systemen zu tun. ...
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