Lobotomie: Einschneidender Eingriff
Howard Dully weiß nicht, was ihn an diesem Tag im Dezember 1960 erwartet. Sein Arzt, Walter Freeman, hatte ihm gesagt, er müsse einige Tests an ihm durchführen. Der Neurologe begleitet den damals zwölfjährigen Jungen in einen Behandlungsraum des Doctor’s General Hospital im kalifornischen San Jose. Dort wird Howard am Bett fixiert und anschließend mit mehreren Elektroschocks narkotisiert. Mit nagelartigen Instrumenten, die Eispickeln ähneln, sticht Freeman nacheinander unter die Falten von Howards rechtem und linkem oberem Augenlid und schiebt die Werkzeuge langsam Richtung Gehirn. Als die Spitze auf den Widerstand des Schädelknochens trifft, stößt er sie mit leichten Hammerschlägen in das Stirnhirn, insgesamt rund sieben Zentimeter tief. Durch kreisende Bewegungen in bestimmten Winkeln durchtrennt er dann beidseitig Nervenstränge, die in den präfrontalen Kortex führen.
Der gesamte Eingriff dauert nur etwa zehn Minuten. Selbst nachdem Howard wieder zu sich gekommen ist, weiß er noch nicht, was ihm gerade widerfahren ist; erst später wird er erfahren, dass Freeman an ihm eine so genannte transorbitale Lobotomie durchgeführt hat. Der Arzt hatte bei dem Jungen angeblich eine »Schizophrenie im Kindesalter« erkannt – nachdem seine Stiefmutter geklagt hatte, ihr Sohn sei aufsässig und wild und sie würde sich deshalb vor ihm fürchten. Die OP zielte darauf ab, Howards Persönlichkeit zu verändern und ihn ruhigzustellen. Das gelingt auch: Als der Junge das Krankenhaus fünf Tage nach dem Eingriff verlässt, ist er wie verwandelt; er wirkt interesselos und abgestumpft...
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