Essay: Machen Quanten Sprünge?
Von dem deutschen Mathematiker Leopold Kronecker (1823 – 1891) stammt der Ausspruch: "Die ganzen Zahlen hat der liebe Gott gemacht, alles andere ist Menschenwerk." Er meinte damit, die Zahlen Null, Eins und so weiter spielten eine fundamentale Rolle in der Mathematik. Doch für heutige Physiker nimmt das Zitat eine Überzeugung vorweg, die sich in den letzten Jahrzehnten immer fester etabliert hat: Die Natur sei im Grunde diskret, die Bausteine der Materie und der Raumzeit ließen sich einzeln abzählen. Diese Idee geht auf die Atomisten der griechischen Antike zurück, gewinnt aber im digitalen Zeitalter zusätzliche Plausibilität. Viele Physiker stellen sich das Universum als einen gewaltigen Computer vor, in dem die physikalischen Gesetze als Algorithmus für diskrete Informationsbits dienen – wie der grüne Ziffernregen, den die Hauptfigur Neo am Ende des Films "Matrix" an Stelle der vermeintlichen Realität sieht.
Aber funktionieren die Naturgesetze wirklich so? In scheinbarem Gegensatz zum Zeitgeist glaube ich wie viele andere auch, dass die Realität letztlich nicht digital, sondern analog ist. Nach dieser Ansicht ist die Welt ein echtes Kontinuum. Selbst bei noch so feiner Vergrößerung wird man keine irreduziblen Bausteine finden. Physikalische Daten sind nicht ganze, sondern reelle Zahlen – das heißt kontinuierliche Größen mit unendlich vielen Dezimalstellen. Auch wenn es "Matrix"-Fans enttäuschen mag: Niemand weiß, wie ein noch so gigantischer Computer sämtliche Details der bekannten physikalischen Gesetze simulieren soll. Nur mit dieser Einsicht lässt sich eine umfassend vereinheitlichte Theorie der Physik entwickeln. ...
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