Angemerkt!: Moralforscher im Zwielicht
Die "Causa Hauser" zeigt: Selbst in hochkarätigen Labors funktioniert die wissenschaftliche Selbstkontrolle nicht immer perfekt.
Der Harvard-Professor Marc Hauser ist mit seinen Untersuchungen zur Evolution unseres Denkens und Fühlens weltweit bekannt geworden. Ganz gleich, ob es um die Gabe der Sprache, um soziale Kognition oder moralisches Urteilen geht, die Forschung des Psychologen und Primatologen genoss hohes Ansehen – bis jetzt. Denn Hausers wissenschaftliche Karriere hat großen Schaden gelitten. Seit einem am 20. August vom zuständigen Dekan der Harvard University veröffentlichten Brief ist nun offiziell, worüber Fachkreise schon länger spekulierten: Hauser hat sich in acht Fällen "wissenschaftlichen Fehlverhaltens" schuldig gemacht. Eine seiner Veröffentlichungen wurde bereits zurückgezogen, eine zweite mit ergänzenden Informationen versehen; über eine dritte steht die Entscheidung noch aus.
Obwohl die Untersuchungskommission ihre Arbeit bereits im Januar abgeschlossen hatte, drang der Fall erst durch den Artikel des "Boston Globe" vom 10. August an die Öffentlichkeit. Manche Kollegen sehen jetzt gar den Ruf des gesamten Fachgebiets in Gefahr; andere zweifeln, wie sie mit weiteren Publikationen Hausers oder früheren Mitarbeitern aus seiner Arbeitsgruppe umgehen sollen. Infolge der Unklarheit geraten nun alle Studien unter Verdacht, die mit dem Namen Hauser verbunden sind. Da der Professor auch mit öffentlichen Mitteln forschte, hat sich selbst die Staatsanwaltschaft eingeschaltet.
Der Skandal betrifft vor allem Forschungen zum Sprachverständnis von Affen sowie deren Fähigkeiten, sich in Artgenossen hineinzuversetzen. Hausers überraschende Befunde deuteten darauf hin, dass selbst evolutionär weiter vom Menschen entfernte Affenarten wie Tamarine dieses Talent mit uns teilen. Doch einige dieser Behauptungen beruhten offenbar auf unsauber ausgewerteten Videos.
Schon 1995 hatte der Psychologe Gordon Gallup an einer von Hauser veröffentlichten Studie Zweifel angemeldet. Damals hatte Hauser berichtet, Tamarine könnten sich im Spiegel selbst erkennen, was Gallup in eigener Forschung jedoch nur bei Schimpansen beobachtete. Zwei Jahre später räumte Hauser ein, seine früheren Ergebnisse auch selbst nicht replizieren zu können. Die Originalarbeit steht aber nach wie vor in den Bibliotheken.
Kürzlich nun meldete sich Gerry Altmann zu Wort, Herausgeber der Zeitschrift "Cognition". Dort war eine neuere Arbeit Hausers erschienen, die im Zuge des Skandals zurückgezogen werden musste. Altmann zufolge ist das für den Versuch entscheidende Kontrollexperiment nie durchgeführt worden – die Daten habe der Forscher also zumindest zum Teil erfunden.
Damit würde es sich um eines der größten Vergehen handeln, deren sich ein Wissenschaftler schuldig machen kann. Einem führenden Moralforscher ist ein solches Fehlverhalten besonders schwer nachzusehen. Hauser befindet sich vorerst in unbezahltem Urlaub und will – Ironie des Schicksals – sein Buch über die Evolution des Bösen beenden.
Ist der Fall nun als Beleg für die funktionierenden Selbstheilungskräfte der wissenschaftlichen Gemeinschaft zu werten? Ganz so einfach ist es nicht. Offenbar hatte das Fehlverhalten nämlich System. Wie kann es sein, dass ausgerechnet der Studienleiter, dem die Versuchshypothesen am besten bekannt sind, das Videomaterial auswertete? Zudem scheint Hauser Kritiker im eigenen Team unter Druck gesetzt zu haben.
Anscheinend geschehen hinter den verschlossenen Türen selbst eines hochkarätigen Labors mitunter Dinge, die sich kaum mit wissenschaftlichen Prinzipien vereinbaren lassen. Der Fall wurde überhaupt nur publik, weil einige mutige Nachwuchsforscher an die Öffentlichkeit traten – auf die Gefahr hin, die eigene wissenschaftliche Laufbahn zu gefährden. Bleibt zu hoffen, dass der Fall endlich restlos aufgeklärt wird.
Obwohl die Untersuchungskommission ihre Arbeit bereits im Januar abgeschlossen hatte, drang der Fall erst durch den Artikel des "Boston Globe" vom 10. August an die Öffentlichkeit. Manche Kollegen sehen jetzt gar den Ruf des gesamten Fachgebiets in Gefahr; andere zweifeln, wie sie mit weiteren Publikationen Hausers oder früheren Mitarbeitern aus seiner Arbeitsgruppe umgehen sollen. Infolge der Unklarheit geraten nun alle Studien unter Verdacht, die mit dem Namen Hauser verbunden sind. Da der Professor auch mit öffentlichen Mitteln forschte, hat sich selbst die Staatsanwaltschaft eingeschaltet.
Der Skandal betrifft vor allem Forschungen zum Sprachverständnis von Affen sowie deren Fähigkeiten, sich in Artgenossen hineinzuversetzen. Hausers überraschende Befunde deuteten darauf hin, dass selbst evolutionär weiter vom Menschen entfernte Affenarten wie Tamarine dieses Talent mit uns teilen. Doch einige dieser Behauptungen beruhten offenbar auf unsauber ausgewerteten Videos.
Schon 1995 hatte der Psychologe Gordon Gallup an einer von Hauser veröffentlichten Studie Zweifel angemeldet. Damals hatte Hauser berichtet, Tamarine könnten sich im Spiegel selbst erkennen, was Gallup in eigener Forschung jedoch nur bei Schimpansen beobachtete. Zwei Jahre später räumte Hauser ein, seine früheren Ergebnisse auch selbst nicht replizieren zu können. Die Originalarbeit steht aber nach wie vor in den Bibliotheken.
Kürzlich nun meldete sich Gerry Altmann zu Wort, Herausgeber der Zeitschrift "Cognition". Dort war eine neuere Arbeit Hausers erschienen, die im Zuge des Skandals zurückgezogen werden musste. Altmann zufolge ist das für den Versuch entscheidende Kontrollexperiment nie durchgeführt worden – die Daten habe der Forscher also zumindest zum Teil erfunden.
Damit würde es sich um eines der größten Vergehen handeln, deren sich ein Wissenschaftler schuldig machen kann. Einem führenden Moralforscher ist ein solches Fehlverhalten besonders schwer nachzusehen. Hauser befindet sich vorerst in unbezahltem Urlaub und will – Ironie des Schicksals – sein Buch über die Evolution des Bösen beenden.
Ist der Fall nun als Beleg für die funktionierenden Selbstheilungskräfte der wissenschaftlichen Gemeinschaft zu werten? Ganz so einfach ist es nicht. Offenbar hatte das Fehlverhalten nämlich System. Wie kann es sein, dass ausgerechnet der Studienleiter, dem die Versuchshypothesen am besten bekannt sind, das Videomaterial auswertete? Zudem scheint Hauser Kritiker im eigenen Team unter Druck gesetzt zu haben.
Anscheinend geschehen hinter den verschlossenen Türen selbst eines hochkarätigen Labors mitunter Dinge, die sich kaum mit wissenschaftlichen Prinzipien vereinbaren lassen. Der Fall wurde überhaupt nur publik, weil einige mutige Nachwuchsforscher an die Öffentlichkeit traten – auf die Gefahr hin, die eigene wissenschaftliche Laufbahn zu gefährden. Bleibt zu hoffen, dass der Fall endlich restlos aufgeklärt wird.
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