Hirnforschung: So kommen die Wörter in den Kopf
Ein Auto fährt vors Haus. Wumm – die Fahrertür fällt zu. Ein Schlüssel wird ins Haustürschloss gesteckt. Luca erstarrt mitten im Spiel und lauscht. Kaum hat der knapp zwei Jahre alte Junge registriert, was los ist, lässt er sein Matchboxauto fallen und rennt in den Flur. Noch bevor sein Vater die Haustür hinter sich geschlossen hat, zerrt Luca ihn am Hosenbein und sprudelt drauflos: "Papaaaa! Draußen – Enten – hamham – Mama – Brezel – gack, gack – Wasser – kalt – Luca – Auto – Mama – kocht – Papa – Buch – wauwau – zeig – komm."
Noch vor wenigen Wochen konnte Lucas Vater die Wörter, die sein Sohn sprach, an einer Hand abzählen. Neuerdings kommt der kleine Junge kaum zum Luftholen, wenn Papa abends von der Arbeit nach Hause kommt. Der Sinn von Lucas Wortreigen erschließt sich dem geübten Vater mittlerweile ganz automatisch: "Hallo Papa! Heute habe ich draußen mit Mama Enten gefüttert – mit einer Brezel. Die Enten schnatterten, und das Wasser im Teich war kalt. Ich habe mit dem Auto gespielt und Mama kocht. Papa, jetzt will ich das Hundebilderbuch mit dir anschauen, komm mit!"
Wenn Kinder anfangen zu reden, kommen Eltern aus dem Staunen nicht heraus. Innerhalb weniger Monate erschließen sie sich die Welt der Sprache. Sie brauchen keinen Unterricht, um die ersten Wörter zu formulieren – ähnlich wie beim Greifen oder Laufen. Welche Sprache sie lernen, ist ihnen freilich nicht in die Wiege gelegt. Das bestimmt die Umwelt. Die Entwicklungsschritte auf dem Weg zum flüssigen Sprechen sind dabei stets gleich, egal ob ein Kind Deutsch oder Japanisch lernt. Wie das genau funktioniert, ist Forschern ein Rätsel. Die Lösung ist aber sicher Kopfsache: Das Gehirn von Neugeborenen bringt neuronale Hardware mit, die nur darauf wartet, mit Sprache bespielt zu werden. ...
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