Immunologie: Wie sich das Ungeborene vor der Mutter schützt
Eine gute Ehe besteht dann, wenn beide Partner das Glück haben, das Unerträgliche tolerieren zu können." So schrieb 1939 der französische Schriftsteller und Biologe Jean Rostand (1894 – 1977) in seinem Buch "Pensées d’un biologiste" (Gedanken eines Biologen). Gleiches ließe sich zur Schwangerschaft sagen. Denn obwohl sich Mutter und Kind immunologisch unterscheiden, gelingt es ihnen, sich zu tolerieren. Wesentlich tragen dazu Signalmoleküle des Kindes in der Plazenta bei, die unser Forschungsteam am l’Hopital Saint-Louis in Paris vor gut 20 Jahren entdeckte.
Die meisten Zellen des Körpers haben auf ihrer Oberfläche individuelle Erkennungsmerkmale – so genannte Antigene –, die von Varianten im Erbgut abhängen. Es gibt verschiedene Typen solcher Signaturen. So bestimmen etwa Oberflächenmarker auf den roten Blutkörperchen die Blutgruppe. Unterschiede darin bei Mutter und Kind können unter Umständen Schwierigkeiten machen, etwa beim Rhesusfaktor. Die weißen Blutkörperchen tragen ebenfalls Antigene, und zwar so genannte humane Leukozytenantigene, abgekürzt HLA. Dieser äußerst variablen Gruppe bedienen sich auch andere Körperzellen. Es handelt sich um Moleküle, die in einer besonderen genetischen Region kodiert sind. Da sie die Gewebeverträglichkeit bei Transplantationen vorgeben, sprechen Wissenschaftler auch von Gewebeverträglichkeits- oder Histokompatibilitätsantigenen. Das von uns entdeckte Signalmolekül – das auf den meisten Körperzellen gewöhnlich nicht vorkommt – zählt gleichfalls zu dieser Gruppe. Es wird als HLA-G klassifiziert...
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