Wissenschaftsphilosophie: Versuch und Irrtum
Präzise Beobachtungen sind sowohl Ausgangspunkt als auch Ziel vieler Forschungsprojekte. Im 19. Jahrhundert fiel zum Beispiel auf, dass der Planet Uranus nicht perfekt nach den newtonschen Gesetzen um die Sonne kreist. Daraufhin entwickelten die Astronomen und Mathematiker John Couch Adams und Urbain Le Verrier unabhängig voneinander eine Erklärung: Die Bahn des Uranus wird von einem neuen Planeten gestört, der noch weiter von der Sonne entfernt ist. Sie berechneten sogar die Bahn des unbekannten Objekts und machten ihre Theorie damit leicht überprüfbar. Wenn sie Recht behalten sollten, müsste sich der Planet finden lassen.
So war es. Nach kurzer Suche meldete der Astronom Johann Galle 1846 an Le Verrier: »Der Planet, dessen Position Sie errechnet haben, existiert tatsächlich.« Die Himmelsmechanik Newtons war also nicht falsch, wie man wegen Uranus' Bahnanomalien hätte vermuten können, sondern wurde mit der Entdeckung des Neptuns vielmehr eindrücklich bestätigt (eine Anomalie bei Merkur konnte sie später hingegen nicht erklären – das gelang erst Albert Einstein, siehe Teil 2 der Serie). Der Philosoph Karl Popper sah darin später ein Paradebeispiel dafür, wie Wissenschaft funktionieren sollte: Forscher stellen mutig präzise Theorien auf und unterziehen sie einer strengen Prüfung.
Doch ein solcher Test, der über Wohl und Wehe einer Theorie entscheidet, ein »experimentum crucis«, ist selten …
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