Nobelpreis für Chemie: Zwischen Patentstreit und Ethikdebatte
Die französische Mikro- und Molekularbiologin Emmanuelle Charpentier und die US-amerikanische Biochemikerin Jennifer Doudna haben den Preis für den bislang bedeutendsten wissenschaftlichen Durchbruch des 21. Jahrhunderts erhalten, die Entwicklung der »Genschere« CRISPR-Cas9. Dieses molekulare Werkzeug erlaubt es, das Genom gezielt an beliebig vorgegebenen Orten zu verändern.
Bereits jetzt hat die erst acht Jahre alte Methode die Wissenschaft revolutioniert. »Sowohl für die Stammzellforschung als auch die Entwicklungsbiologie und die Forschung an verschiedenen Krankheiten ist die Technik nicht mehr wegzudenken«, erklärt Alexander Meissner, Direktor am Max-Planck-Institut für molekulare Genetik in Berlin. Das gilt ebenso für die Pflanzen- und Tierzucht. Doch die enormen Möglichkeiten des Verfahrens haben Konflikte hervorgebracht, unter anderem einen jahrelangen Streit um lukrative Patente. Bis heute schwelen juristische Auseinandersetzungen zwischen Charpentier, Doudna und ihren jeweiligen Universitäten einerseits und dem US-amerikanischen Neurowissenschaftler Feng Zhang vom MIT andererseits. Dieser war wenige Monate nach Doudna und Charpentier ebenfalls auf das Potenzial von CRISPR-Cas gestoßen.
Zhang hat gemeinsam mit dem US-Molekularbiologen George Church von der Harvard University demonstriert, dass sich die Technik nicht bloß auf Bakterien, sondern auch auf Eukaryoten wie Pflanzen und Tiere anwenden lässt. Jener Nachweis ist den jetzt gekürten Nobelpreisträgerinnen nicht gelungen. Dass nun weder Zhang noch Church an der Auszeichnung beteiligt sind und sich die Ehrung ausdrücklich nur auf die Entwicklung des grundsätzlichen Prinzips von CRISPR-Cas9 bezieht, ist angesichts dessen, welch enorme medizinische Bedeutung die Methode mittlerweile hat, sicher unerwartet …
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