Computerspiele: 13-Jähriger besiegt erstmals das Kultspiel »Tetris«
Am 21. Dezember 2023 filmte sich der 13-jährige Willis Gibson beim Tetris-Spielen. Das Video zeigt einen schmalen Jungen mit einer großen Brille, der ruhig und konzentriert auf seinen Bildschirm blickt, während er sich Level für Level durch das Spiel arbeitet. Die Spielsteine fallen immer schneller von oben herab, doch Gibson lässt sich davon nicht beirren, reagiert blitzschnell und platziert die Steine schön säuberlich, um waagrechte Reihen zu vervollständigen und sie somit verschwinden zu lassen. Dann ertönt plötzlich ein Störton, das Spiel bleibt hängen. Gibson ist sichtlich aufgeregt – aber nicht, weil er sich ärgert. Im Gegenteil: »Oh mein Gott, oh mein Gott, ja!«, hört man ihn schreien. »Ich glaube, ich werde ohnmächtig.«
Denn es ist genau das eingetreten, was der 13-Jährige beabsichtigt hatte: Als erstem Menschen überhaupt ist es ihm gelungen, Tetris zu besiegen.
Der russische Programmierer Alexei Paschitnow brachte die erste Version des Spieleklassikers im Jahr 1984 heraus. Schnell entwickelte es sich zu einem Kassenschlager: Es wurde allein mehr als 400 Millionen Mal als kostenpflichtiges Online-Spiel heruntergeladen. Zählt man die Verkäufe von Tetris-Spielen für Konsolen wie den Game Boy hinzu, wird die Gesamtzahl sogar auf 520 Millionen geschätzt. Nicht berücksichtigt sind kostenlose, werbefinanzierte Versionen. Theoretisch könnte man ein Tetris-Spiel unendlich lange spielen, ohne jemals zu einem Ende zu kommen. Doch in der Praxis schien es so, als wäre nach Level 29 Schluss: Zu schnell fielen die Bauklötze herab, als dass man sie noch hätte richtig platzieren können. Die Grenze schien unüberwindbar, und so wurde Level 29 als »Kill Screen« bezeichnet.
In den vergangenen zehn Jahren machten Tetris-Fans allerdings Fortschritte. In Tetris-Weltmeisterschaften, die seit 2010 jährlich stattfinden, knackten einige Kandidaten die Level-29-Marke und erreichten immer bessere Resultate. Grund dafür ist eine als »Rolling« bezeichnete Technik, die es erlaubt, extrem schnelle Eingaben zu machen. 2022 schaffte es Eric Tolt sogar, bis zu Level 73 vorzudringen. Schnell begannen sich Tetris-Fans zu fragen, ob das Spiel eine Grenze hat.
Eine KI zwingt Tetris in die Knie
Um das herauszufinden, trainierte der Softwareentwickler Gregory Cannon eine KI namens »StackRabbit« darauf, Tetris zu spielen. Der Software konnte die hohe Geschwindigkeit der fallenden Spielsteine nichts anhaben, sie arbeitete sich immer weiter hoch, bis zum Level 237. Doch dann stürzte das Spiel ab.
Tetris-Enthusiast David Macdonald, der dem Spiel einen eigenen Youtube-Kanal namens »aGameScout« widmet, hat das Spiel analysiert, um herauszufinden, was bei Level 237 schiefläuft. »Der Code des Spiels beginnt auf sehr hohen Stufen ineffizient zu werden, weil niemand erwartet hat, jemals so weit zu kommen«, erklärt Macdonald in einem seiner Videos. Irgendwann komme es dann zu einem Fehler, weil das Spiel nicht mehr Anweisungen aus dem Programmcode ausführe, sondern den Arbeitsspeicher auslese, als ob es sich um Code handele. Das führe dann dazu, dass das Spiel abstürzt.
Das weckte das Interesse von Tetris-Nerds. Ist es möglich, dass auch ein Mensch Tetris besiegen kann? Level 237, bei der die KI das Spiel in die Knie gezwungen hatte, schien für Menschen unerreichbar. Schnell fand die Tetris-Community aber heraus, dass der Fehler bereits bei Level 155 eintreten könnte: Dafür müsste man eine ganz bestimmte Reihe mit Spielsteinen vervollständigen.
»Anstatt auf einen Crash hinzuarbeiten, ist nun das Ziel, möglichst weit zu kommen, ohne dass das Spiel abstürzt«David Macdonald, Content Creator
Das wusste auch der 13-jährige Gibson, als er sich Ende Dezember beim Spielen filmte. Doch leider verpasste er die Chance, bei Level 155 den Tetris-Fehler auszulösen. Also arbeitete er sich weiter vor bis zu Level 157, wo sich die nächste Gelegenheit bot – und schaffte es. Als erster Mensch gelang es ihm offenbar, Tetris zu besiegen und das Spiel zum Absturz zu bringen.
Nun gebe es eine neue Herausforderung, sagte Macdonald anschließend gegenüber der »New York Times«: »Anstatt auf einen Crash hinzuarbeiten, ist nun das Ziel, möglichst weit zu kommen, ohne dass das Spiel abstürzt.«
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.