Mikrobiologie: Ab nach Süden
Alle Bakterien der Nordhalbkugel, die einen Sinn fürs Magnetische haben, schwimmen nach Norden, wenn es ihnen zu sauerstoffhaltig wird. Alle? Nein! In einem kleinen Meerwasserteich auf Cape Cod streben manche Bewohner nach Süden. Keine leichte Nuss für die umgebenden Wissenschaftler, die nun des Rätsels Lösung suchen.
Augen, Ohren, Nase, Hände – wir haben eine Menge Hilfsmittel, um uns in unserer Umgebung zurechtzufinden und bei Unbehagen ein gemütlicheres Umfeld auszumachen. Auch Bakterien registrieren bis ins Kleinste, ob ihnen die Nachbarschaft gut passt. Wenn nicht, machen sie sich auf den Weg in neue Gefilde. Nur: Wohin sollen sie sich richten?
Doch warum nach Norden respektive Süden? Ganz einfach: Die betroffenen Organismen mögen Sauerstoff nur in möglichst geringen Dosierungen – und die finden sich eher am Gewässergrund als an der Oberfläche. Wenn sie sich nun auf einem Nordkontinent am Erdmagnetfeld orientieren, bringt sie der Umzug nicht nur nach Norden, sondern auch in die Tiefe – denn die Feldlinien verlaufen nicht parallel zur Oberfläche, sondern neigen sich ins Erdinnere. Und damit erreichen die fleißigen Schwimmer schnell wieder sauerstoffärmere Schichten, ohne aufwändig sonstigen Wasserchemismus analysieren zu müssen.
Überhaupt erwiesen sich die Neufunde als ungewöhnlich: Die Bakterien bilden Ketten aus zwei bis fünf kugelförmigen Individuen und erinnern damit an eine Hantel. Genetischen Untersuchungen zufolge gehören sie zur Familie der Desulfobulbaceae der delta-Proteobacteria. Der engste Verwandte, Desulforhopalus singaporensis, zeigt ebenfalls eine unübliche Kettenform.
Wie sie daher ihren Weg in neue, gemütlichere Gefilde finden, könnte von Art zu Art auch ganz unterschiedlich sein. Nur eins ist klar: Ganz so einfach, wie Mikrobiologen sich das bislang vorgestellt haben, ist es nicht.
Eine clevere Antwort auf diese Frage scheinen die magnetotaktischen Mikroben gefunden zu haben: Sie tragen einen inneren Kompass mit sich. Dazu bilden sie ferromagnetisches Eisenoxid oder Magnetit (Fe3O4) oder Eisensulfid namens Greigit (Fe3S4). In der Membran verankert, weisen die winzigen Kristalle ihren kaum größeren Besitzern zuverlässig den Weg: Wie sich in Laborversuchen zeigte, schwimmen magnetotaktische Bakterien der Nordhalbkugel zuverlässig gen Norden, wenn an ihren Wassertropfen ein Magnet gehalten wird. Südhalbkugelbewohner zieht es dagegen nach Süden.
Doch warum nach Norden respektive Süden? Ganz einfach: Die betroffenen Organismen mögen Sauerstoff nur in möglichst geringen Dosierungen – und die finden sich eher am Gewässergrund als an der Oberfläche. Wenn sie sich nun auf einem Nordkontinent am Erdmagnetfeld orientieren, bringt sie der Umzug nicht nur nach Norden, sondern auch in die Tiefe – denn die Feldlinien verlaufen nicht parallel zur Oberfläche, sondern neigen sich ins Erdinnere. Und damit erreichen die fleißigen Schwimmer schnell wieder sauerstoffärmere Schichten, ohne aufwändig sonstigen Wasserchemismus analysieren zu müssen.
So weit die bislang gängige Vorstellung zum inneren Kompass der Bakterien. Eine Vorstellung, die Sheri Simmons von der Woods-Hole-Meeresforschungsinstitution und ihre Kollegen nun vom Sockel stoßen. Denn die Wissenschaftler haben in einem Meerwassertümpel auf Cape Cod magnetotaktische Bakterien entdeckt, denen der Magnetsinn nach Süden steht – zumindest im Labor. Da sie damit aber statt in die Tiefe in das sauerstoffreiche Oberflächenwasser vorstoßen würden, dürften sie ihren inneren Kompass als zuverlässigen Wegweiser wohl kaum einsetzen. Richtungsmaßgeblich muss hier anderes sein.
Überhaupt erwiesen sich die Neufunde als ungewöhnlich: Die Bakterien bilden Ketten aus zwei bis fünf kugelförmigen Individuen und erinnern damit an eine Hantel. Genetischen Untersuchungen zufolge gehören sie zur Familie der Desulfobulbaceae der delta-Proteobacteria. Der engste Verwandte, Desulforhopalus singaporensis, zeigt ebenfalls eine unübliche Kettenform.
Beim ersten Nachweis im Juli 2004 waren die Hantel-Bakterien sogar ausgesprochen zahlreich – und über neunzig Prozent von ihnen zog es nach Süden. Außerdem entdeckten die Forscher noch kleine magnetotaktische stäbchenförmige Bakterien, die gleichfalls nach Süden strebten. Andere Magnetbakterien hingegen blieben bei der Vorliebe nach Norden – es gab also beide Richtungspräferenzen in ein und demselben Teich. Allerdings schwankt die Häufigkeit der Südschwimmer im Jahresverlauf offenbar stark, und zwar abhängig vom Sauerstoff-Gehalt: Bei stark reduzierenden Bedingungen, wenn Sauerstoff also wirklich Mangelware wird, zeigen sich nur wenige der Südliebhaber. Bei etwas mehr O2 jedoch begannen die Hantel-Baktieren regelrecht aufzublühen.
"Das derzeitige Modell bietet keinerlei Erklärung für die Existenz einer Süd-Polarität"
(Sheri Simmons et al.)
Fragt sich eben nur, wofür sie ihren Süd-Kompass verwenden. Denn "das derzeitige Modell bietet keinerlei Erklärung für die Existenz einer Süd-Polarität", erklären Simmons und ihre Kollegen. Aber schließlich könnten Schwimmvorlieben aus dem Labor im Freiland ja ganz anders aussehen, betonen sie weiter. So begegnen die Bakterien in ihrem normalen Leben wohl kaum solchen Sauerstoff-Verhältnissen, wie sie ihnen in Experimenten aufgezwungen werden, um die Polpräferenzen aufzuklären. Dafür bietet ihnen ihr Heimattümpel jede Menge weitere chemische Informationen, die dem Laborwassertropfen fehlen. (Sheri Simmons et al.)
Wie sie daher ihren Weg in neue, gemütlichere Gefilde finden, könnte von Art zu Art auch ganz unterschiedlich sein. Nur eins ist klar: Ganz so einfach, wie Mikrobiologen sich das bislang vorgestellt haben, ist es nicht.
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