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Mikrobiologie: Algenkrise in der Wissenschaft

Der Mikrobiologie droht ihr wichtigstes Rohmaterial knapp zu werden: Der Bedarf an Rotalgen, die das Geliermittel Agar liefern, übersteigt das Angebot.
Rotalge, Sphaerococcus

Agar ist ein unscheinbares Polymer aus dem Zucker Galaktose, doch in der modernen Biologie geht ohne den Stoff gar nichts mehr. Das weiße Pulver ist die Basis jener Nährmedien, auf denen in Petrischalen Bakterien und andere Organismen wachsen, und stammt aus den Zellwänden bestimmter Rotalgen der Gattung Gelidium, die nur an wenigen Küsten in ausreichender Zahl zugänglich sind. Seit der wichtigste Produzent Marokko aus Sorge um die Bestände eine drastische Ausfuhrbeschränkung erlassen hat, ist die Krise akut. Im Sommer wurde bekannt, dass der Hersteller Thermo Fisher zwei Sorten unverarbeiteten Agar nicht mehr verkauft, um die eigenen Vorräte zu schonen. Andere Unternehmen wie die Merck-Gruppe aus Darmstadt zogen nach – seither hat sich der Preis verdreifacht.

Allerdings ist nicht allein Marokko schuld an der Misere – die Lebensmittelindustrie verarbeitet den Großteil des geernteten Agars als Geliermittel, und die Nachfrage treibt die Preise. Agar bildet mit Wasser feste, stabile Gele, auf deren Oberfläche Mikroorganismen wachsen und gut identifizierbare Kolonien formen – seit Ende des 19. Jahrhunderts ist der Stoff in Gebrauch. Unglücklicherweise brauchen die Rotalgen spezielle Bedingungen: kühles, sauerstoffreiches, bewegtes Wasser sowie steinernen Untergrund. Deswegen wachsen sie, trotz aller Zuchtversuche, nicht in Kultur, sondern müssen geerntet oder von Hand gesammelt werden. Auch Versuche mit Ersatzstoffen haben sich als unbefriedigend erwiesen. Beim Laborbedarfshändler Thermo Fisher, dessen Verkaufsstopp den Stein ins Rollen brachte, heißt es, man werde sich nach anderen Quellen umsehen und den Engpass bis 2016 beheben. Wie "Nature" berichtet, gibt es noch ungenutzte Rotalgen vor Nordkorea.

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