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Ernährung: Alle Kinder brauchen gleich viel Energie

Verbrennen Kinder, die viel toben, mehr Kalorien als solche, die sich kaum bewegen? Nein, meint ein Forscherteam. Es sei nur eine Frage der Priorisierung.
Kinder springen fröhlich in die Luft

Wie viel Kinder sich bewegen, hat offenbar weniger Einfluss auf ihren Kalorienverbrauch als gedacht. Das stellte ein Team um Herman Pontzer von der Duke University in North Carolina und Samuel Urlacher von der Baylor University in Texas fest, als es den Stoffwechsel von Heranwachsenden mit verschiedenen Lebensstilen verglich. Obwohl sich Kinder, die zum indigenen Volksstamm der Shuar gehören und im ecuadorianischen Amazonastiefland leben, im Schnitt deutlich mehr bewegen, haben sie offenbar keinen höheren Energiebedarf als Altersgenossen, die in Industrieländern aufwachsen. Ihr Körper verwendete sogar weniger Energie auf die körperliche Aktivität. Stattdessen verbrannten Shuar-Kinder schon im Ruhezustand etwa 20 Prozent mehr Kalorien, schreibt das Team in der Fachzeitschrift »Science Advances«.

Die Shuar leben bis heute als Jäger und Sammler und werden von Forschergruppen intensiv untersucht. Bereits in einer früheren Untersuchung hatten Pontzer und Urlacher entdeckt, dass Shuar-Männer und -Frauen einen höheren täglichen Energieumsatz haben als Erwachsene aus Industrieländern. Um herauszufinden, ob sich das bei Kindern ähnlich verhält, wendete das Forscherteam dieselbe Methode nun auf 44 Shuar-Kinder im Alter von durchschnittlich acht Jahren an.

Zusätzlich zeichnete die Arbeitsgruppe mit Hilfe von Schrittzählern auf, wie viel sich die Probanden täglich bewegten. Diese Werte verglichen die Forscher mit Daten von etwa gleichaltrigen Mädchen und Jungen aus den USA, Großbritannien und Kanada. Dabei stellten sie fest: Obwohl sich die Shuar-Kinder etwa 25 Prozent mehr bewegten, verbrauchten sie täglich rund 1738 Kilokalorien, Kinder aus Industrieländern benötigten mit 1811 Kilokalorien sogar etwas mehr. Dabei berücksichtigte das Team Faktoren wie Alter, Körpergewicht, Fett- und Muskelmasse.

Mit Hilfe einer Art Atemmaske bestimmte das Team außerdem, wie viel Sauerstoff die Shuar-Kinder im Ruhezustand verbrauchten und wie viel Kohlendioxid sie bildeten. Bei ihnen entfielen etwa 28 Prozent des Gesamtumsatzes auf Bewegung; Kinder aus den USA und Großbritannien verbrauchten dafür laut den vorhandenen Daten etwa doppelt so viele Kalorien.

Das liege zum einen daran, dass die Shuar-Kinder im Schnitt 14 Prozent weniger wiegen als Altersgenossen aus Industrieländern, sagen die Forscher. Zum anderen seien sie es auf Grund ihrer Kultur gewohnt, viel zu arbeiten, und bewegten sich effizienter. Den erhöhten Grundumsatz der Kinder aus dem Amazonastiefland erklärt sich das Team durch eine erhöhte Immunaktivität. Eine Blutuntersuchung ergab, dass sie eine höhere Antikörperkonzentration aufweisen; ihr Immunsystem befindet sich offenbar in ständiger Alarmbereitschaft. Im Ausgleich dafür verwenden die Shuar-Kinder laut dem Team etwas weniger Energie auf das Wachstum. In einer Studie von 2015 hatte die Gruppe bereits festgestellt, dass Kinder aus der Jäger-und-Sammler-Kultur um etwa 20 Prozent langsamer wachsen und tendenziell kleiner sind als Menschen aus Industrieländern.

Die Ergebnisse liefern auch einen Hinweis darauf, wie Übergewicht entsteht. Laut Zahlen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) waren 2016 bereits mehr als 340 Millionen Kinder zu dick; Tendenz steigend. Dem Team um Pontzner und Urlacher zufolge liegt das weniger daran, dass sie sich zu wenig bewegen, sondern an ihrer Ernährung: Sie nehmen schlichtweg mehr Kalorien zu sich, als sie verbrennen. Die Studie fügt sich ins Bild bisheriger Forschungsergebnisse, die zeigen, dass körperliche Aktivität nur eine untergeordnete Rolle bei der Regulierung unseres Körpergewichts spielt.

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