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News: Anatomie eines Lochs

Ionenkanäle regulieren die Verteilung der Ionen zwischen innen und außen und stellen damit die elektrische Erregbarkeit der Zellen sicher. Dazu gehört auch der Kaliumkanal, der als spezifische Austrittspforte für Kalium dient. Was sich zunächst als simples Loch in der Zellmembran präsentiert, erweist sich bei näherer Betrachtung als komplizierter Mechanismus, der die Ionen in sieben Schritten aus der Zelle schleust.
Zellmembranen sind weit mehr als eine schlichte Hülle. Sie entscheiden, wer hinein und wer heraus darf und regulieren damit den Stoffhaushalt der Zelle. Für elektrisch geladene Teilchen stellt sie zunächst ein unüberwindbares Hindernis dar und hält eine geringe Natriumkonzentration sowie einen Überschuss an Kaliumionen im Zellinnern aufrecht. Diese ungleichmäßige Verteilung der Ionen ist die Basis der elektrischen Membranspannung und damit die Voraussetzung für die elektrische Erregbarkeit der Zelle. Sobald die Zelle erregt wird, öffnen sich spannungsabhängige Ionenkanäle, die zunächst Natriumionen hinein und danach Kaliumionen herauslassen.

Dabei arbeiten diese Kanäle hochspezifisch und lassen nur "ihre" Ionen passieren. Da die Ionen dabei ihrem Konzentrationsgefälle folgen, stellten sich die Biologen die Kanäle zunächst als schlichte Poren in der Membran vor, durch die Ionen mit der richtigen Größe hindurch passen. Doch diese "Löcher" erledigen ihre Aufgabe blitzschnell. So passieren 108 Ionen pro Sekunde den Kaliumkanal, ein einzelnes Ion benötigt also nur 10 Nanosekunden für die Passage.

Die Arbeitsgruppe von Roderick MacKinnon vom Howard Hughes Medical Institute beschäftigt sich schon seit längerer Zeit mit dem Kaliumkanal und hat sich jetzt sowohl die Energetik [1] als auch die Chemie [2] der Pore vorgenommen. Unabhängig davon berechneten auch Simon Bernèche und Benoît Roux vom Weill Medical College of Cornell University über Computersimulationen, wie der Kanal Kaliumionen hindurchschleust [3].

Die Ergebnisse beider Arbeitsgruppen decken sich. Demnach wird ein Kaliumion in sieben Schritten durch den Kanal geschleust: Sobald der Kanal sich öffnet, gelangen die Kaliumionen von der Innenseite der Zelle zunächst in eine größere Höhle, wo sie ihre Hydrathülle verlieren. Jetzt schließt sich ein selektiver Filter an, der Kaliumionen – und nur diese – aufnimmt. Dieser Filter durchzieht die Membran und besteht aus vier hintereinander geschalteten Bindungsstellen für Kaliumionen. Auf der Zellaußenseite schließen sich noch einmal zwei Kaliumbindungsstellen an.

Von diesen Bindungsstellen sind immer nur zwei nichtbenachbarte mit Kalium besetzt, und in dieser halben Besetzung liegt das Geheimnis des schnellen Kaliumtransportes. Denn sobald ein Kaliumion von der Eingangshöhle des Kanals auf die erste freie Bindungsstelle gelangt, springt ein Ion von Platz zwei auf Platz drei. Dadurch wird wiederum ein Ion von Platz vier auf Platz fünf verdrängt und so fort.

Der Kanal springt also zwischen zwei verschiedenen Zuständen hin und her, bei denen entweder die Positionen eins, drei und fünf oder zwei, vier und sechs mit jeweils einem Kaliumion besetzt sind. Genauso wie ein Impuls über sich berührende Kugeln weitergeleitet wird, bewegt ein eintretendes Kaliumion drei Ionen im Innern des Kanals, der wiederum ein Ion hinaus lässt. Dadurch gelangen die Kaliumionen schnell und energetisch günstig durch den Kanal auf die Außenseite der Zelle.

  • Quellen
Nature 413: 23–24 (2001)
[1] Nature 413: 37–42 (2001)
[2] Nature 413: 43–48 (2001)
[3] Nature 413: 73–77 (2001)

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