News: Attraktiver Knorpel
Im Fall der rheumatoiden Arthritis ist das eigentlich harmlose Protein Glucose-6-Phosphat-Isomerase (GPI) – das durch Zuckerabbau die Energiegewinnung voran treibt – für die Immunreaktion verantwortlich. Das Molekül lässt sich im Blutstrom treiben und könnte somit in allen Geweben zu Entzündungsprozessen führen. Tut es aber nicht. Warum nur die Gelenke betroffen sind, haben nun Wissenschaftler der Harvard Medical School in Boston, Massachusetts, an Mäusen gezeigt.
Ein Team um Christophe Benoist injizierte hierzu den Nagern radioaktiv markierte Antikörper gegen das Protein GPI. Indem sie mit der Positronen-Emissions-Tomographie eine Technik verwendeten, die auch feinste Einblicke ins menschliche Gehirn ermöglicht, konnten sie in Echtzeit beobachten, wie die Antikörper ihr Ziel erkannten und anlagerten. Ihr Zuhause fanden die radioaktiven Strukturen schnell. Innerhalb von nur sieben Minuten setzten sie sich auf dem Knorpelgewebe der Gelenke nieder. Entsprechend konnten die Wissenschaftler hohe Konzentrationen der Glucose-6-Phosphat-Isomerase auf der Außenseite von Knorpelzellen messen.
Indem die Knorpelzellen das unschuldige Protein aus dem Blutstrom anlocken und es aufsaugen, bieten sie auch den Antikörpern ein neues Zuhause. Der fehlgerichtete Entzündungsprozess kann beginnen. Warum der Körper allerdings solche Antikörper an den Start schickt – zur Debatte stehen genetischen Faktoren und Umwelteinflüsse, etwa Infektionen – bleibt weiterhin eine offene Frage. Auch ist unklar, ob sich die Beobachtungen an Nagetieren so ohne Weiteres auf den Menschen übertragen lassen und überhaupt von therapeutischen Nutzen sein werden. Nicht alle Wissenschaftler sind da sehr zuversichtlich. "Es könnten Ablenkungsmanöver sein", warnt etwa Jonathan Edwards vom University College in London, der selbst an rheumatoider Arthritis forscht.
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