Kernphysik: Auch Exoten bleiben magisch
Den Aufbau der Elektronenhüllen von Atomen lernt heutzutage jedes Kind an der Schule, doch wie die Kerne geordnet sind, blieb bislang selbst Wissenschaftlern weitgehend verschlossen. Immerhin kennen sie so genannte "magische Zahlen" von Neutronen und Protonen, die für Stabilität sorgen. Zuverlässig - wie neue Experimente gezeigt haben.
Es ist schon seltsam: Da spalten und fusionieren Menschen seit Jahrzehnten Atomkerne, um Energie zu gewinnen oder sich gegenseitig möglichst bequem umzubringen – ohne genau zu wissen, was sie da eigentlich kaputt machen. Während ein Chemiker Ihnen für nahezu jede beliebige Reaktion vorrechnen kann, welches Elektron sich wie verhält und bewegt und warum, zucken Kernphysiker des Öfteren die Schultern, gefragt nach Ereignissen in ihren großen Teilchenbeschleunigern. Dort, wo Atome, Ionen und Kerne mit ungeheuren Energien aufeinanderprallen, stehen verschiedene theoretische Modelle auf dem experimentellen Prüfstand, die erklären sollen, nach welchen Regeln die Natur ihre Grundbausteine angeordnet hat.
Solange es um die Elektronenhülle geht, sind die Verhältnisse längst geklärt. Je nach gewünschter Komplexität stellen wir uns die Elektronen auf Schalen oder Orbitalen vor, die bestimmte Energiezustände repräsentieren. Ist so eine Schale voll besetzt, hat das Atom sein größtmögliches chemisches Glück gefunden und ist nur äußerst widerstrebend dazu zu bewegen, ein weiteres Elektron aufzunehmen oder abzugeben. Die bereits im Grundzustand bockigen Elemente bezeichnen Wissenschaftler als Edelgase: Helium, Neon, Argon, Krypton, Xenon und Radon. Ihre 2, 10, 18, 36, 54 bzw. 86 Elektronen machen alle angebrochenen Schalen voll und damit reaktionsträge – oder "edel" eben.
Ein ähnliches Prinzip könnte es auch in den Kernen der Atome geben, vermuten Physiker. Warum, so ihre Überlegung, sind nur Kerne mit ganz bestimmten Anzahlen von Neutronen und Protonen stabil, wohingegen andere radioaktiv zerfallen? Und warum scheinen manche so zufrieden mit sich zu sein, dass sie beim Beschuss mit Neutronen ein viel kleineres Ziel darstellen, als Isotope, die fast die gleiche Zusammensetzung haben, aber eben nur "fast"? Könnten auch hier "Schalen" gefüllt sein?
Eine ganze Reihe von Beobachtungen weisen in diese Richtung, darunter die Häufigkeiten verschiedener Kernsorten im Universum und die Anzahl stabiler Isotope der einzelnen Elemente. Sie führen zu den so genannten magischen Zahlen 2, 8, 14, 20, 28, 50 und 82 – hat ein Kern diese Anzahl von Neutronen oder Protonen, deutet dies auf Stabilität durch eine abgeschlossene Schale.
Zumindest in der Theorie. Doch die experimentelle Praxis wollte es den Forschern nicht so einfach machen. In ihren Versuchen stieß sie auf Kernvarianten, die eigentlich magisch und damit stabil sein sollten, sich jedoch als bröselige Kandidaten entpuppten. Umgekehrt traten Kerne mit unverschämt mehr Neutronen als Protonen auf und erwiesen sich als überaus dauerhaft. Passten diese Befunde noch zum Schalenmodell? Oder gelten für die Exoten etwa andere magische Zahlen?
Diese Fragen wollten Paul Cottle von der Florida State University und seine Kollegen mit einem Experiment klären, das noch vor wenigen Jahren nicht durchführbar gewesen wäre: einer geschickten Kaskade von Kollisionen und Selektionen von Teilchen. Die Wissenschaftler beschleunigten Kalzium-48, das reich an Neutronen war, auf ein Beryllium-Ziel. Aus den Crash-Produkten isolierten sie Schwefel-44-Kerne, die sie auf ein weiteres Beryllium lenkten. Beim Zusammenstoß verlor der Schwefel zwei Protonen und wurde zu Silizium-42.
Dieser exotische Silizium-Kern hatte doppelt so viele Neutronen (28) wie Protonen (14), anstelle des üblichen 1:1-Verhältnisses. Indem die Forscher den Übergang zwischen seinem angeregtem und dem Grundzustand verfolgten, gewannen sie Rückschlüsse auf seinen Aufbau. Siehe da: Alles war ganz normal – wenn man einmal von der Zusammensetzung absah. Offenbar wirkten die überschüssigen Neutronen keineswegs zerstörerisch oder zumindest verformend auf den Kern. Selbst bei einem derart stark verschobenem Verhältnis von Neutronen zu Protonen wirkten die magischen Zahlen 28 und 14 stabilisierend.
Exoten stören also nicht zwangsläufig das Gleichgewicht. Da sie es in einigen Fällen dennoch tun, beschreibt das Schalenmodell bisher nicht vollständig die feinen Balancen in den Atomkernen. Es werden sicherlich noch einige raffinierte Kollisionen notwendig sein, die Lücken zu schließen. Vor allem, um die Frage zu klären, warum eigentlich 42 keine magische Zahl ist.
Solange es um die Elektronenhülle geht, sind die Verhältnisse längst geklärt. Je nach gewünschter Komplexität stellen wir uns die Elektronen auf Schalen oder Orbitalen vor, die bestimmte Energiezustände repräsentieren. Ist so eine Schale voll besetzt, hat das Atom sein größtmögliches chemisches Glück gefunden und ist nur äußerst widerstrebend dazu zu bewegen, ein weiteres Elektron aufzunehmen oder abzugeben. Die bereits im Grundzustand bockigen Elemente bezeichnen Wissenschaftler als Edelgase: Helium, Neon, Argon, Krypton, Xenon und Radon. Ihre 2, 10, 18, 36, 54 bzw. 86 Elektronen machen alle angebrochenen Schalen voll und damit reaktionsträge – oder "edel" eben.
Ein ähnliches Prinzip könnte es auch in den Kernen der Atome geben, vermuten Physiker. Warum, so ihre Überlegung, sind nur Kerne mit ganz bestimmten Anzahlen von Neutronen und Protonen stabil, wohingegen andere radioaktiv zerfallen? Und warum scheinen manche so zufrieden mit sich zu sein, dass sie beim Beschuss mit Neutronen ein viel kleineres Ziel darstellen, als Isotope, die fast die gleiche Zusammensetzung haben, aber eben nur "fast"? Könnten auch hier "Schalen" gefüllt sein?
Eine ganze Reihe von Beobachtungen weisen in diese Richtung, darunter die Häufigkeiten verschiedener Kernsorten im Universum und die Anzahl stabiler Isotope der einzelnen Elemente. Sie führen zu den so genannten magischen Zahlen 2, 8, 14, 20, 28, 50 und 82 – hat ein Kern diese Anzahl von Neutronen oder Protonen, deutet dies auf Stabilität durch eine abgeschlossene Schale.
Zumindest in der Theorie. Doch die experimentelle Praxis wollte es den Forschern nicht so einfach machen. In ihren Versuchen stieß sie auf Kernvarianten, die eigentlich magisch und damit stabil sein sollten, sich jedoch als bröselige Kandidaten entpuppten. Umgekehrt traten Kerne mit unverschämt mehr Neutronen als Protonen auf und erwiesen sich als überaus dauerhaft. Passten diese Befunde noch zum Schalenmodell? Oder gelten für die Exoten etwa andere magische Zahlen?
Diese Fragen wollten Paul Cottle von der Florida State University und seine Kollegen mit einem Experiment klären, das noch vor wenigen Jahren nicht durchführbar gewesen wäre: einer geschickten Kaskade von Kollisionen und Selektionen von Teilchen. Die Wissenschaftler beschleunigten Kalzium-48, das reich an Neutronen war, auf ein Beryllium-Ziel. Aus den Crash-Produkten isolierten sie Schwefel-44-Kerne, die sie auf ein weiteres Beryllium lenkten. Beim Zusammenstoß verlor der Schwefel zwei Protonen und wurde zu Silizium-42.
Dieser exotische Silizium-Kern hatte doppelt so viele Neutronen (28) wie Protonen (14), anstelle des üblichen 1:1-Verhältnisses. Indem die Forscher den Übergang zwischen seinem angeregtem und dem Grundzustand verfolgten, gewannen sie Rückschlüsse auf seinen Aufbau. Siehe da: Alles war ganz normal – wenn man einmal von der Zusammensetzung absah. Offenbar wirkten die überschüssigen Neutronen keineswegs zerstörerisch oder zumindest verformend auf den Kern. Selbst bei einem derart stark verschobenem Verhältnis von Neutronen zu Protonen wirkten die magischen Zahlen 28 und 14 stabilisierend.
Exoten stören also nicht zwangsläufig das Gleichgewicht. Da sie es in einigen Fällen dennoch tun, beschreibt das Schalenmodell bisher nicht vollständig die feinen Balancen in den Atomkernen. Es werden sicherlich noch einige raffinierte Kollisionen notwendig sein, die Lücken zu schließen. Vor allem, um die Frage zu klären, warum eigentlich 42 keine magische Zahl ist.
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