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News: Auf die Menge kommt es an

So wie Klempner sich auf einer Baustelle nur um ihre Rohre und Zimmerleute sich um ihre Balken kümmern, so haben Gene, welche die Entwicklung eines Embryos steuern, auch nur fest umgrenzte Aufgaben. Zumindest dachten Wissenschaftler das bislang. Doch nun stellte sich heraus, dass einige Genprodukte anscheinend ohne Probleme ihre Zuständigkeit tauschen können. Offenbar kommt es nicht so sehr darauf an, welcher Entwicklungsfaktor vorliegt, sondern eher wie viel davon. Diese Entdeckung erschüttert einige grundlegende Annahmen, wie bestimmte Proteine das Wachstum von Geweben beeinflussen.
Die Homeobox (Hox)Gene sind bekannt für ihre Fähigkeit, monströse Missbildungen zu verursachen, wenn sie ausfallen oder defekt sind. So können bei der Taufliege Drosophila melanogaster durch Neuordnung dieser Gene Beine anstelle von Antennen wachsen. Wenn ein bestimmtes Gen entfernt wird, entwickelt der Embryo charakteristische Deformierungen. Bei Mäusen, denen das Hoxa3-Gen fehlt, entwickelt sich der Kopf abnormal und die Bildung des Thymus unterbleibt. Dagegen weisen Mäuse ohne intaktes Hoxd3 ein abnormales Skelett auf. Dass diese Missbildungen so unterschiedlich ausfallen, war für Wissenschaftlern leicht verständlich, da die Hoxa3- und die Hoxd3-Proteine weniger als 50 Prozent Übereinstimmung zeigen.

Nun sieht es allerdings so aus, als seien einige Proteine trotz ihrer Unterschiede miteinander austauschbar. Obwohl der Entwicklungsgenetiker Mario Capecchi und seine Kollegen von der University of Utah in Salt Lake City das Hoxa3-Gen ausschalteten und durch Hoxd3 ersetzte, entwickelten sich die Mäuse normal (Nature vom 13. Februar 2000). Das umgekehrte Experimente, in dem Hoxd3 durch Hoxa3 ersetzt wurde, hatte das gleiche Resultat. In beiden Fällen blieb die Promotorregion, die kontrolliert, wie viel Protein gebildet wird, unverändert. Die Wissenschaftler vermuten daher, dass die Proteinmenge, die ein bestimmter Promotor vorgibt, wichtiger ist als die Art von Protein, die entsteht.

Diese Ergebnisse stellen die Annahme in Frage, dass ausschließlich leichte Veränderungen in der Struktur eines Proteins für die unterschiedlichen Auswirkungen auf die Embryonalentwicklung verantwortlich sind. Stattdessen, sagt Denis Duboule von der Universita degli Studi di Genova, könnten geringe Abweichungen in der Proteinmenge die Entwicklung von bestimmten Geweben auslösen. Das trifft eventuell auch auf andere Genfamilien zu, meint er. "Einige Dinge, die wir einer besonderen Qualität eines Proteins zuschreiben, könnten vielmehr von dessen Quantität abhängen."

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