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News: Auf Methusalems Spuren

Die Sehnsucht der Menschen, unsterblich zu sein, ist uralt - auch wenn das biblische Alter des Methusalem von 969 Jahren nur schwer vorstellbar ist. Nun sind Wissenschaftler diesem Traum vom ewigem Leben vielleicht einen Schritt näher gekommen: Sie entdeckten, dass ein bestimmtes Gen das Leben eines winzigen Wurms um die Hälfte verlängert.
Bereits die älteste Dichtung der Menschheit, das Gilgamesch-Epos, erzählt, wie der sagenumwobene sumerische König Gilgamesch in tiefer Trauer über den Tod seines Freundes und Kampfgefährten Enkidu auszieht, um ein Kraut zu finden, dessen Verzehr Unsterblichkeit verleiht. Wie Gilgamesch sind auch viele Forscher auf der Suche nach einem Mittel, das ewige Jugend verheißt.

Schon lange Zeit ist bekannt, dass sich die Lebensdauer vieler Organismen verlängert, wenn sie an der Nahrungsaufnahme gehindert werden. An der Hefe konnten Wissenschaftler nachweisen, dass unter derartigen Bedingungen die Aktivität des Sir2-Proteins ansteigt. Dieses Protein schaltet wiederum bestimmte Regionen des genetischen Materials der Zelle ab. Dadurch verhindert es, dass sich überflüssige Windungen, die sich bei der Bildung neuer Proteine mitunter vom Chromosom abklemmen, anhäufen und die Hefezelle eventuell zum Absterben bringen.

Nun hat Leonard Guarente vom Massachusetts Institute of Technology die Wirkung des lebensverlängernden SIR2-Genes bei dem Nematodenwurm Caenorhabditis elegans näher untersucht. Die winzigen Rundwürmer besitzen vier Gene, die dem SIR2-Gen der Hefe ähnlich sind. Um die Versuchstierchen nicht dem Verhungern auszusetzen, bauten die Forscher in die Wurmlarven zusätzliche Kopien von Chromosomen ein, die das SIR2-Gen enthielten. Die Bemühungen zeigten den gewünschten Erfolg: Während normale Rundwürmer eine gewöhnliche Lebenserwartung von etwa zwei Wochen haben, lebten ihre gentechnisch manipulierten Artgenossen um bis zu 50 Prozent länger.

Der Einsatz der SIR2-ähnlichen Gene macht für C. elegans unter widrigen Umweltbedingungen durchaus Sinn: Während Wurmlarven bei Nahrungsmangel in ein Ruhestadium eintreten, in dem sie einige Monate überleben können, ist diese Strategie bei ausgewachsenen Würmern nicht mehr möglich. In der Hoffnung, bessere Lebensbedingungen für eine Fortpflanzung zu finden, verlängert der Wurm seine Lebenszeit unter dem Einfluss der SIR2-ähnlichen Gene.

Mit ihrer Entdeckung warfen die Forscher die Frage auf, ob beim Menschen ähnliche Methusalem-Gene existieren: "Was für die Hefe und Würmer zutrifft, gilt wahrscheinlich auch für alle Organismen, da die beiden bisher untersuchten Lebewesen so unterschiedlich sind", vermutet Guarente. "Wir hatten jeden Grund anzunehmen, dass das Experiment nicht funktioniert, aber es klappte." Die Forschungsergebnisse sind auch deshalb bemerkenswert, weil Hefezellen zeitlebens Teilungen durchlaufen, Wurmzellen hingegen teilen sich nicht, wenn sie einmal voll entwickelt sind. Die Tatsache, dass sich auch die Zellen in einigen menschlichen Organen, wie dem Herzen und dem Gehirn, nicht regenerieren können, gibt den Forschern Anlass zur Hoffnung: "Es wird interessant sein, zu untersuchen, ob Sir2-Proteine auch den Alterungsgrad in noch höheren Eukaryoten regulieren." Menschen, die von Unsterblichkeit träumen, müssen sich jedoch vorerst weiter gedulden, denn als nächste Versuchstiere hat Guarente Mäuse auserkoren.
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