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News: Augen täuschen Ohren

Der Mensch ist ein Augentier. Obwohl er Töne im Raum relativ gut lokalisieren kann, spielen optische Reize die wichtigere Rolle für seine Orientierung. Das geht sogar so weit, dass die Beobachtung von Objekten sich im Nachhinein noch auf das Hören auswirkt.
Es ist ein alter Trick, und doch gelingt er immer wieder: Der Bauchredner hält seine Puppe im Arm, und alle hängen gebannt an ihren Lippen. Dabei stammen die Geschichten gar nicht aus ihrem Mund, sondern von ihrem menschlichen Begleiter – und doch würde beinahe jeder schwören, sie hätte gesprochen.

Dieser Bauchredner- oder Ventriloquismus-Effekt, durch den Menschen aufgrund visueller Reize eine Geräuschquelle im Raum falsch einordnen, ist schon lange bekannt. Er zeigt, welche Macht der Sehsinn in unserer Wahrnehmung hat. Doch spiegelt sich diese Überlegenheit auch dann noch wider, wenn es nicht mehr um tatsächlich vorhandene Objekte geht, sondern um die Folgen des Gesehenen oder Gehörten?

Denn hier gibt es ein weiteres interessantes Phänomen. Beobachtet man zunächst ein Quadrat, das sich verkleinert, hat man den Eindruck, es bewegt sich von einem weg. Betrachtet man anschließend ein weiteres, dessen Größe konstant bleibt, so scheint es sich zu vergrößern, also sich zu nähern, obwohl gar nichts geschieht – ein Nachbildeffekt. Ganz ähnlich verhält sich dies auch bei Tönen: Folgt auf einen Laut, der zunehmend leiser wird – als ob er sich entfernt –, ein zweiter in gleichbleibender Lautstärke, berichten Versuchspersonen von dem Eindruck, der Folgeton werde lauter beziehungsweise komme näher.

Norimichi Kitagawa und Shigeru Ichihara von der Tokyo Metropolitan University untersuchten nun, inwieweit verschiedene Reize die beiden Nacheffekte beeinflussen können. Zunächst gewöhnten sie Versuchspersonen an unterschiedlich kombinierte Stimuli aus lauter beziehungsweise leiser werdenden Tönen und größer beziehungsweise kleiner werdenden Quadraten auf einem Computerbildschirm. Anschließend spielten sie ihnen einen einzigen Ton vor, der seine Lautstärke nicht veränderte, und die Teilnehmer sollten entscheiden, ob er lauter oder leiser wird.

Die Ergebnisse waren verblüffend. Alle Versuchspersonen, die in der Gewöhnungsphase auch Töne zu hören bekamen, zeigten den erwarteten Nachtoneffekt. Zum Erstaunen der Wissenschaftler bekundeten aber auch die Teilnehmer, die vorher nur visuelle Erfahrungen sammeln durften, dass der Ton seine Lautstärke verändere – und zwar jeweils in entgegengesetzter Richtung als die Größe beziehungsweise daraus abgeleitete Bewegung ihres Versuchsquadrates: Wurde dieses vorher kleiner – entfernte sich also scheinbar –, empfanden die Menschen den Ton als lauter werdend beziehungsweise näherkommend.

Zur Kontrolle spielten die Forscher nun in einem weiteren Experiment nach der Gewöhnungsphase nicht einen Ton vor, sondern ließen die Freiwilligen ein gleichbleibendes Viereck beobachten. Die Teilnehmer mit Quadraterfahrung erlebten den erwarteten Nacheffekt, ihre Kollegen mit reinen Hörerlebnissen hingegen empfanden, ganz der Realität entsprechend, keinerlei Veränderung.

Demzufolge behält auch bei den Nacheffekten die visuelle Wahrnehmung die Oberhand. Sie ist sogar so dominierend, dass Menschen für eine Geräuschquelle eine Bewegung annehmen, obwohl sie gar nichts gehört haben – allein der visuelle Eindruck eines näherkommenden oder sich entfernenden Objekts löst diese Assoziation aus. Wie allerdings die verantwortlichen Gehirnregionen dabei kommunizieren, müssen Forscher nun erst aufklären.

Sinn macht die Beobachtung allemal: Angesichts der schlechteren räumlichen Wahrnehmung über unsere Ohren, kann der Hörsinn visuelle Reize als wichtiges Hilfsmittel zur Orientierung gut gebrauchen.

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