Drogen: Aussterben wegen Marihuana?
Der Humboldt-Fichtenmarder (Martes americana humboldtensis) ist ein zähes, kleines Raubtier, das sogar in Bienenstöcke eindringt, um dort honiggefüllte Waben und Larven zu fressen. Seine Hauptnahrung besteht allerdings aus Eidechsen und kleinen Nagetieren – doch diese Beute sorgt dafür, dass die Art in ihrem Fortbestand bedroht ist, wie ein Bericht des US-Bundesstaats Kalifornien mahnt. Denn diese Mäuse und Ratten sind selbst vergiftet, weil sie von den Betreibern illegaler Marihuanaplantagen im Norden Kaliforniens mit Pestiziden bekämpft werden. Die Fichtenmarder fressen tote oder sterbende Nager und nehmen dabei das Gift selbst auf, so dass sie direkt daran eingehen oder ihre Fortpflanzung gehemmt wird.
Die Humboldt-Fichtenmarder galten bereits Ende des letzten Jahrhunderts als ausgestorben, doch wurden 1996 im nördlichen Kalifornien und im angrenzenden Teil Oregons einige überlebende Tiere entdeckt. Heute schätzt man den Bestand auf vielleicht 100 bis 200 Tiere. Gleichzeitig ist die Region eines der klimatisch günstigsten und wichtigsten Anbauzentren für illegal vertriebenes Marihuana. Denn während in Kalifornien seit Anfang 2018 das Rauschmittel legal erworben werden kann, ist dies in anderen Bundesstaaten noch nicht der Fall. Diese Märkte werden von Nordkalifornien aus bedient – die großen Wälder bieten Platz, um entsprechende Felder im Geheimen anzulegen.
Nagetiere bedrohen allerdings die Ernten direkt und indirekt durch Fraß und Bissschäden an Bewässerungsleitungen, weshalb die Betreiber der Plantagen großflächig und unkontrolliert Gift ausbringen. Die Mäuseplage lockt allerdings auch natürliche Fressfeinde an, die die vermeintlich leichte Beute gerne fressen – und sich dabei kontaminieren. Je nach Dosis kommt es dann zu tödlichen sekundären Vergiftungen, oder aber das Rodentizid reichert sich im Körper an, ohne sofort zu töten: Langfristig senkt es dennoch die Lebenserwartung von Vögeln und Mardern, indem es ihre Reaktionsfähigkeit beeinträchtigt oder sie anfälliger für Krankheiten macht. Zudem pflanzen sie sich womöglich weniger fort, weil die Pestizide ihre Fruchtbarkeit senken oder die Embryonalentwicklung hemmen. Diesen Zusammenhang haben Biologen auch schon bei bedrohten Fleckenkauzen (Strix occidentalis) und Fischermardern (Pekania pennanti) nachgewiesen. Bei keiner der genannten Arten ist das Problem aber womöglich so drängend wie beim Humboldt-Fichtenmarder, da dieser noch seltener ist.
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