Gedächtnis: Kiffen dreht dem Hirn den Saft ab
Dass Cannabis das Gedächtnis schlechter macht, ist keine neue Erkenntnis – doch wie dieser spezifische Effekt zu Stande kommt, klären Fachleute erst nach und nach auf. Eine Arbeitsgruppe um Giovanni Marsicano von der Université de Bordeaux hat nun entdeckt, dass Cannabis direkt die Mitochondrien spezieller Nervenzellen beeinflusst – in den Mitochondrien findet die Zellatmung statt, durch die die Zelle mit Energie versorgt wird. Wie das Team um Marsicano berichtet, spielen die Cannabinoid-Rezeptoren der Mitochondrien in einer am Gedächtnis beteiligten Hirnregion eine entscheidende Rolle: Fehlen sie, tritt der Gedächtniseffekt durch Cannabis nicht auf. Wird der Rezeptor durch den Cannabiswirkstoff aktiviert, unterdrückt er die Energieproduktion in der Zelle – die Neurone haben schlicht nicht genug Ressourcen, um ihre Funktion zu erfüllen.
Die Mitochondrien in Hirnzellen sind seit einer Weile stärker im Blick der Forschung. So stellte sich heraus, dass Fehlfunktionen dieser Energie produzierenden Organellen zum Beispiel an neurodegenerativen Erkrankungen oder Alterungsprozessen im Gehirn beteiligt sind. Welche Rolle allerdings unterschiedlich stark aktivierte Mitochondrien bei ganz alltäglichen Variationen von Gedächtnis und anderen Hirnfunktionen spielt, ist noch völlig unklar.
Die Forschung von Marsicano und seiner Gruppe zeigt jedoch, dass solche energetischen Einflüsse und ihre Regulation über das so genannte Endocannabinoidsystem an kognitiven Funktionen wesentlich beteiligt sind. Mit Hilfe dieser Erkenntnisse will die Arbeitsgruppe einerseits weitere Einsichten in die genaue Bedeutung der Mitochondrien und des Endocannabinoidsystems im Gehirn gewinnen, andererseits ist der untersuchte Gedächtnisverlust eine unerwünschte Nebenwirkung vieler Cannabispräparate: Sie auszuschalten, würde einen deutlichen Fortschritt für medizinisches Marihuana bedeuten.
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