Sozialpsychologie: Wann wir Bösewichte mögen
Ein schlechter Charakter findet im wahren Leben wenig Freunde. Anders auf der Leinwand, wie ein US-Forschungsteam von der Northwestern University in einer Studienreihe beobachtete: »Wir haben eine Vorliebe für Filmbösewichter – sofern sie uns ähnlich sind.« Wie Rebecca J. Krause und Derek D. Rucker in »Psychological Science« schildern, hatten sie zunächst Daten einer Website mit mehr als 230 000 registrierten Usern analysiert. Diese konnten dort einen Persönlichkeitstest absolvieren, der ihr Profil mit dem von knapp 4000 Film- und Fernsehcharakteren verglich, darunter gute wie böse. Ergebnis: Je ähnlicher die Teilnehmenden den Bösewichten waren, desto eher bekundeten sie auch eine Vorliebe für sie.
Nur warum erwärmen wir uns für den düsteren »Darth Vader« und den Serienmörder wie »Dexter« eher, wenn wir uns selbst in ihnen erkennen? Um das herauszufinden, testeten Krause und Rucker in Experimenten mit insgesamt 1685 Probandinnen und Probanden, welche Bedingungen zu der merkwürdigen Sympathie beitrugen.
In einem ersten Versuch bekamen 100 Studierende Fragen zu schlechten Charakteren vorgelegt, die ihnen ähnelten. Handelte es sich dabei um fiktive Filmfiguren, war ihnen dabei wohler zu Mute, als wenn es um reale böse Menschen ging. In einer weiteren Versuchsvariante sollten sich die Probanden eine neue Serie mit einem bösen Protagonisten vorstellen und ihm vier Eigenschaften zuordnen, die entweder auch auf sie selbst zutrafen oder nicht. Mochten sie diese Serie sehen? Je ähnlicher der Bösewicht, desto eher wollten sie – sie fanden die Hauptperson dann besonders bedeutsam.
Eine Art sicherer Hafen
»Ähnlichkeiten signalisieren eine gewisse Relevanz der eigenen Person«, erläutern Krause und Rucker. »Deshalb sind wir ihnen gewogen, trotz aller negativen Eigenschaften.« So fühle sich der eine vielleicht eher zum chaotischen Charakter des »Joker« aus den Batman-Filmen hingezogen, der andere eher zum ambitionierten »Lord Voldemort«, sagt Krause in einer Pressemitteilung.
Aber das gelte nur, solange es sich um fiktive Charaktere handle. Verhält sich eine reale Person unsozial, dann fühlen wir uns unwohl, wenn wir Gemeinsamkeiten entdecken. Die Fiktion diene als eine Art »sicherer Hafen«, in dem wir uns mit den Bösen vergleichen und identifizieren können, schreiben Krause und Rucker. »Vielleicht erlauben uns fiktive Geschichten, uns mit unserer dunklen Seite zu befassen, ohne damit unsere guten Seiten in Frage zu stellen.«
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.