Sonnensystem: BepiColombo auf Stippvisite bei der Venus
Sieben Jahre braucht BepiColombo bis zum Merkur. Eine lange Zeit. Das Gute: Die europäisch-japanische Mission ist auf Kurs. Am frühen Morgen des 15. Oktober wird die Doppelsonde an der Venus vorbeiziehen – jenem Planeten, der manchen als aussichtsreicher Kandidat für außerirdisches Leben gilt –, um sich langsamer aber sicher dem schnellsten Planeten in unserem Sonnensystem nähern zu können.
BepiColombo besteht aus zwei Sonden, MPO (Europa) und MMO (Japan). Die Gefährte reisen gemeinsam insgesamt neun Milliarden Kilometer durch das All, bis sie den Merkur bestenfalls am 5. Dezember 2025 erreichen. Dafür gilt es, mehrfach um Erde, Sonne und Venus zu fliegen, um nicht am Ziel vorbei und in die Tiefen des Alls oder das glühende Zentralgestirn zu rauschen.
Ein »Hallo« aus rund 11 000 Kilometer Entfernung
Eine optimale Transferbahn von der Erde zum Merkur zu berechnen, ist aufwändig. Doch bislang geht der Plan der Missionsleiter auf. Die Erde hat BepiColombo bereits am 10. April 2020 ein letztes Mal passiert. Nun steht für den 15. Oktober der erste schwerkraftunterstützte Vorbeiflug an der Venus an, damit die Gravitation den Flug abbremst. Um 5.58 Uhr deutscher Zeit (3:58 GMT) sollen die Sonden in 10 720 Kilometer Entfernung die Venus besuchen und mit zwei seiner Überwachungskameras Bilder aufnehmen. Nach dem Vorbeiflug wird sich die Doppelsonde noch etwa acht Stunden im Ionenschweif der Venus aufhalten.
Die einzelnen Instrumente sollen bis zu zwei Tage zuvor beginnen und bis zu vier Tage dauern. Zehn der insgesamt 16 Messinstrumente von BepiColombo sammeln während des Vorbeiflugs Daten. Zu ihnen gehören das Plasma-Teilchen-Experiment MPPE sowie das Instrument SERENA, das die Exosphäre-Magnetosphäre-Oberfläche analysieren soll.
Die Venus ist dieser Tage ein durchaus aufregender Wegpunkt. Erst im September 2020 hatten Astronomen bekannt gegeben, dass sie in der Venus-Atmosphäre das Gas Monophosphan entdeckt haben. Auf der Erde entsteht diese Verbindung aus einem Phosphor- und drei Wasserstoffatomen (PH3) vor allem durch biologische Prozesse, die unter Ausschluss von Sauerstoff stattfinden. Wie dieses Phosphan in in die Wolkendecke der Venus gekommen ist, ist in der Tat nicht einfach zu erklären. Außerirdisches Leben ist dabei jedoch die wohl unwahrscheinlichste Option, wie selbst die Autoren der Studie geschrieben haben.
Man darf also mit Spannung erwarten, was BepiColombo über die Venus zu berichten hat. Von extraterrestrischen Organismen dürfte nach dem Kurzbesuch allerdings keine Rede sein.
Ein zweiter Venus-Fly-By im August 2021 in einem Abstand von 550 Kilometern soll BepiColombo weiter auf Kurs halten. Und schließlich wird es noch sechsmal am Merkur selbst vorbeigehen, bis die Sonden mit der eigentlichen Arbeit beginnen können. Einmal angekommen, werden MPO und MMO sich trennen und in unterschiedliche Umlaufbahnen einschwenken. Ab Februar 2026 sollen sie den Planeten dann so genau vermessen, wie es nie zuvor möglich war.
Sieben Erdjahre Flug, ein Erdjahr Forschung
Nun ist es nicht so, dass bislang niemand dem Merkur einen Besuch abgestattet hätte. Vor 40 Jahren hat die amerikanische Weltraumagentur NASA erstmals eine Sonde zu dem Planeten geschickt. Mariner 10 gelang es, in ihren drei Vorbeiflügen knapp die Hälfte der Planetenoberfläche grob abzulichten. Weil die Ergebnisse jedoch recht unbefriedigend waren, schwenke zuletzt die Messenger-Sonde in der Umlaufbahn ein und sammelte zwischen 2011 und 2015 Daten. Auch die Mission führte zu neuen Fragen. BepiColombo soll helfen, sie zu beantworten.
Es gilt, so viel wie möglich über den inneren Aufbau, die Oberfläche und Atmosphäre sowie Magnetfelder des Merkurs herauszufinden. Weil der Planet heiß ist und, so komisch das auch klingen mag, für einen Orbiter schwieriger zu erreichen als der weit entfernte Saturn, ist er von all den Felsplaneten im inneren Sonnensystem am wenigsten erforscht.
Am 20. Oktober 2018 war BepiColombo von der Startanlage der europäischen Raumfahrtagentur ESA in Kourou in Französisch-Guyana an Bord einer Ariane-5-Rakete gestartet. Die Mission ist nach Raumfahrtingenieur Giuseppe Colombo benannt – Spitzname Bepi – und soll gut ein Erdjahr dauern. Also etwa vier Merkurjahre.
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