Rohstoffe: Bergbau im 21. Jahrhundert
Obwohl die geförderten Erze immer weniger Wertmetalle enthalten, nimmt der weltweite Hunger nach ihnen stetig zu. Befindet sich der Bergbau in einer Sackgasse?
Es ist rau geworden auf den weltweiten Rohstoffmärkten. In den letzten Jahren explodierten die Preise fast aller wichtigen Industriemetalle. Denn nicht nur westliche Staaten, sondern auch China, Indien oder Brasilien verbrauchen immer mehr Kupfer, Zink oder Seltene Erden, ohne die kein Industrieland auskommt: Kupfer ist in der Elektrotechnik unabdingbar, Zink als Legierungszusatz für rostfreien Stahl, Seltene Erden für Flachbildschirme oder die Generatoren von Windrädern. Die Preise steigen aber auch, weil wichtige Exportländer die eigenen Rohstoffe selbst verbrauchen: Im vergangenen Jahr verkündete der chinesische Regierungschef und studierte Geologe Wen Jiabao, Seltene Erden nur noch unter hohen Zöllen zu exportieren.
Technische Innovationen verursachten schließlich schon immer in der Vergangenheit auch fallende Metallpreise. Allein die Suche nach neuen Erzvorkommen läuft heute deutlich zielgerichteter als noch vor wenigen Jahrzehnten. Seit jeher hatten Bergleute nur solche Lagerstätten in die Tiefe verfolgt, die bereits an der Erdoberfläche nutzbares Erz enthielten und so leichten Zugang versprachen. Geophysikalische Messungen erlauben es heute dagegen, selbst tief unter der Erde liegende Lagerstätten aufzuspüren. Dafür werden elektrische oder magnetische Eigenschaften des Untergrunds gemessen. An Erzkörpern weichen diese oft stark ab, was erste Hinweise auf Vorkommen liefert. Aufwändige Bohrungen müssen dann allerdings noch die Messdaten der Geophysiker und die Abbauwürdigkeit der Ader erhärten.
Die neuesten Werkzeuge für Erzsuchende sind Satelliten, die heute nicht nur mineralogische Besonderheiten an der Erdoberfläche aufspüren können. Durch immer genauere Vermessungen des Erdschwerefelds können sie Abweichungen der Gravitation exakt lokalisieren. Erzkörper besitzen oft eine größere Dichte als das umgebende Gestein. Seit einigen Jahren versehen das deutsch-amerikanische Satellitenduo GRACE und der europäische Erdbeobachtungssatellit GOCE solche Aufgaben, die auch der Suche von Rohstoffen dienen.
Nachhaltig geht es kaum
Daher finden Geologen trotz des gewachsenen Bedarfs weiterhin viele Erzlagerstätten, die jedoch ein Problem haben: Sie enthalten immer weniger Wertmetalle. Der australische Geologe Gavin Mudd errechnete 2007, dass ihr Metallgehalt in den letzten 100 Jahren rasant abgenommen hat. Während beispielsweise um 1880 einzelne Erzkörper noch 30 Prozent Blei enthielten, sind es heute kaum noch drei Prozent. Auch bei Kupfer, Zink, Silber, Gold oder Uran zeigt sich ein vergleichbarer Trend.
Einmal abgebaut, regenerieren sich Erzvorkommen zudem nur in seltenen Fällen und über lange Zeit – etwa an Hydrothermalquellen. Deshalb lässt sich der Bergbau nur schwer in das neue Bild einer grünen, umweltgerechten Wirtschaft integrieren. Wirklich nachhaltig ließen sich Metalle nur über völliges Recycling decken, was bei wachsendem Rohstoffkonsum weltweit wohl nicht ausreichen wird. Schwer tat sich auch die Enquetekommission des Deutschen Bundestags "Schutz des Menschen und der Umwelt", zu definieren, wie solche Rohstoffe genutzt werden sollen: am besten nicht länger, als ein erneuerbarer Ersatz existiert. Bis dahin reiche es auch, die Ressource einfach produktiver zu gewinnen, so der Tenor.
Knabbern am Erz
"Mehr Metall für weniger Geld" heißt deshalb die Devise vieler Ingenieure: Röntgensortierer vermessen noch unter Tage die Dichte jedes Gesteinsklumpens und entscheiden, ob sein Erzgehalt ausreicht, um gefördert zu werden. Der Rest des Gesteins kann unter der Erde bleiben und dazu genutzt werden, abgebaute Stollen wieder zu verfüllen.
Immer häufiger wenden sich die Ingenieure auch ganz von den klassischen Methoden ab und setzen etwa auf die Kräfte der Natur: Mikroorganismen. Viele Arten zerkleinern seit Milliarden Jahren irdisches Gestein, um an die darin eingelagerten energiereichen Verbindungen zu gelangen. Manche Mikroben verwenden etwa für ihren Stoffwechsel den in sulfidischen Erzen eingelagerten Schwefel. Dabei werden auch zuvor unlösliche Metallionen reduziert und dadurch wasserlöslich. Aus solchen Lösungen lassen sich schließlich viel einfacher Metalle gewinnen als aus dem harten Gestein.
Metalle aus dem Wasser
Weiter steigende Preise könnten zuletzt ganz neue Rohstoffquellen eröffnen: Meerwasser enthält etwa das 1000-Fache der jährlichen Weltproduktion an Gold, aber auch andere Metalle wie Uran. Besonders in der Nähe der mittelozeanischen Rücken ließen sich nachhaltig auch Mangan, Kupfer oder Zink direkt aus dem Wasser gewinnen, weil hier sprudelnde Schwarze Raucher ständig metallreiche Lösungen absondern.
Doch noch ist es billiger, die verbliebenen Erzlager zu erschließen, etwa in der Tiefsee. Dort lagern weltweit Schlämme, Sande und erzverkrustete Knollen, die nur auf eine geeignete Fördermethode warten. Die ökologischen Risiken dieser Vorhaben sind immens, da Mangan, Nickel oder Kobalt oft nur in den obersten Bodenschichten vorkommen, die weiträumig abgebaggert werden müssten. Es wird nicht leicht, die bisher kaum erforschte Tiefseefauna dabei nicht zu schädigen.
Rohstoffgeologen glauben auf Grund solcher vergleichsweise günstig abbaubaren Vorkommen, dass noch viele Jahre vergehen, bis der Metallhunger der Weltgesellschaft völlig nachhaltig aus alternativen Quellen gestillt werden kann. Umso erstaunlicher ist es, dass Nachhaltigkeit keine Erfindung des Club of Rome ist, sondern schon vom sächsischen Oberberghauptmann Hans Carl von Carlowitz erfunden wurde. Er forderte 1713, den ungezügelten Holzeinschlag zu begrenzen, der nötig war, um immer neue Stollen abzustützen. Nun wäre es vielleicht an der Zeit, diese Forderung auf unseren Metallhunger auszudehnen.
Bei diesem Rohstoffwettlauf gelangen die "Grenzen des Wachstums" des Club of Rome von 1972 wieder in Sichtweite. In ihrer neu aufgelegten Beurteilung aus dem Jahr 2004 bekräftigten die Autoren, dass Metallerze ähnlich wie die fossilen Energieträger schon bald völlig erschöpft sein könnten. Besonders die Industrie- und Schwellenländer verbrauchten in rasantem Tempo natürliche Roherze, die von einer endlichen Zahl an Lagerstätten gedeckt werden müssten – so lange, bis es nicht mehr weiterginge.
Ob und wann die Metallförderung an eine Grenze stößt, wagen die meisten Bergbauexperten jedoch nicht vorherzusagen. Zu stark ist der Einfluss, der ein ansteigender Preis auf die technische Entwicklung hat. Denn jede effizientere Abbaumethode vergrößert die förderbare Rohstoffmenge: "Es gibt technologische Brücken, die gebaut werden müssen – und daher auch keinen Grund zu vermuten, dass wir bald keine mineralischen Rohstoffe mehr zur Verfügung haben werden", sagt etwa Jens Gutzmer, Professor für Lagerstättenlehre und Petrologie an der TU Bergakademie Freiberg.
Technische Innovationen verursachten schließlich schon immer in der Vergangenheit auch fallende Metallpreise. Allein die Suche nach neuen Erzvorkommen läuft heute deutlich zielgerichteter als noch vor wenigen Jahrzehnten. Seit jeher hatten Bergleute nur solche Lagerstätten in die Tiefe verfolgt, die bereits an der Erdoberfläche nutzbares Erz enthielten und so leichten Zugang versprachen. Geophysikalische Messungen erlauben es heute dagegen, selbst tief unter der Erde liegende Lagerstätten aufzuspüren. Dafür werden elektrische oder magnetische Eigenschaften des Untergrunds gemessen. An Erzkörpern weichen diese oft stark ab, was erste Hinweise auf Vorkommen liefert. Aufwändige Bohrungen müssen dann allerdings noch die Messdaten der Geophysiker und die Abbauwürdigkeit der Ader erhärten.
Die neuesten Werkzeuge für Erzsuchende sind Satelliten, die heute nicht nur mineralogische Besonderheiten an der Erdoberfläche aufspüren können. Durch immer genauere Vermessungen des Erdschwerefelds können sie Abweichungen der Gravitation exakt lokalisieren. Erzkörper besitzen oft eine größere Dichte als das umgebende Gestein. Seit einigen Jahren versehen das deutsch-amerikanische Satellitenduo GRACE und der europäische Erdbeobachtungssatellit GOCE solche Aufgaben, die auch der Suche von Rohstoffen dienen.
Nachhaltig geht es kaum
Daher finden Geologen trotz des gewachsenen Bedarfs weiterhin viele Erzlagerstätten, die jedoch ein Problem haben: Sie enthalten immer weniger Wertmetalle. Der australische Geologe Gavin Mudd errechnete 2007, dass ihr Metallgehalt in den letzten 100 Jahren rasant abgenommen hat. Während beispielsweise um 1880 einzelne Erzkörper noch 30 Prozent Blei enthielten, sind es heute kaum noch drei Prozent. Auch bei Kupfer, Zink, Silber, Gold oder Uran zeigt sich ein vergleichbarer Trend.
Die neuen Bergwerke bauen also immer geringwertigere Erze ab, aus denen sie dennoch Gewinn bringend Metall schöpfen müssen. Gleichzeitig landet immer mehr wertloses Nebengestein auf den Halden: Nach OECD-Angaben entsteht für jedes Endprodukt aus Metall in den Bergwerken die 20-fache Menge an Abraum – Tendenz steigend. Dazu benötigt man immer mehr Energie, weil Gold-, Kupfer- oder Zinkerze meist in großem Maßstab gemahlen, zerkleinert und dann aufgeschmolzen werden müssen – ohnehin ist die Bergbauindustrie nach Berechnungen der UNO schon heute für 13 Prozent des weltweiten Energieverbrauchs verantwortlich.
Einmal abgebaut, regenerieren sich Erzvorkommen zudem nur in seltenen Fällen und über lange Zeit – etwa an Hydrothermalquellen. Deshalb lässt sich der Bergbau nur schwer in das neue Bild einer grünen, umweltgerechten Wirtschaft integrieren. Wirklich nachhaltig ließen sich Metalle nur über völliges Recycling decken, was bei wachsendem Rohstoffkonsum weltweit wohl nicht ausreichen wird. Schwer tat sich auch die Enquetekommission des Deutschen Bundestags "Schutz des Menschen und der Umwelt", zu definieren, wie solche Rohstoffe genutzt werden sollen: am besten nicht länger, als ein erneuerbarer Ersatz existiert. Bis dahin reiche es auch, die Ressource einfach produktiver zu gewinnen, so der Tenor.
Knabbern am Erz
"Mehr Metall für weniger Geld" heißt deshalb die Devise vieler Ingenieure: Röntgensortierer vermessen noch unter Tage die Dichte jedes Gesteinsklumpens und entscheiden, ob sein Erzgehalt ausreicht, um gefördert zu werden. Der Rest des Gesteins kann unter der Erde bleiben und dazu genutzt werden, abgebaute Stollen wieder zu verfüllen.
Immer häufiger wenden sich die Ingenieure auch ganz von den klassischen Methoden ab und setzen etwa auf die Kräfte der Natur: Mikroorganismen. Viele Arten zerkleinern seit Milliarden Jahren irdisches Gestein, um an die darin eingelagerten energiereichen Verbindungen zu gelangen. Manche Mikroben verwenden etwa für ihren Stoffwechsel den in sulfidischen Erzen eingelagerten Schwefel. Dabei werden auch zuvor unlösliche Metallionen reduziert und dadurch wasserlöslich. Aus solchen Lösungen lassen sich schließlich viel einfacher Metalle gewinnen als aus dem harten Gestein.
Dieses so genannte Bioleaching-Verfahren ist bereits längst erprobt. Schon heute wird ein Viertel des Kupfererzes und jedes zehnte Gramm Golderz damit aufbereitet. In Zukunft sollen den Mikroben auch neue Erze schmackhaft gemacht werden, erläutert Eberhard Janneck, der die Methode bei der Freiberger Ingenieurgesellschaft GEOS weiterentwickelt. "Das muss natürlich für jedes Erz separat angepasst und erprobt werden", sagt er. "Die Erzaufbereitung ist immer ein Komplex ganz verschiedener Verfahren." Doch in naher Zukunft könnte die Palette des Bioleachings um niedrig konzentrierte sulfidische Zink- und Bleierze ergänzt werden. Sie enthalten auch Indium, das erst durch den Bedarf für elektronische Bauteile der letzten Jahre zu einem wertvollen Industriemetall wurde. "Die Gehalte sind zwar nur sehr gering", erklärt Janneck. "Aber durch den hohen Marktwert des Metalls lohnt sich seine Gewinnung vielleicht. Dafür muss man effektive Methoden finden, das Material aufzubereiten und auch alle anderen Wertmetalle im Gestein zu extrahieren."
Metalle aus dem Wasser
Weiter steigende Preise könnten zuletzt ganz neue Rohstoffquellen eröffnen: Meerwasser enthält etwa das 1000-Fache der jährlichen Weltproduktion an Gold, aber auch andere Metalle wie Uran. Besonders in der Nähe der mittelozeanischen Rücken ließen sich nachhaltig auch Mangan, Kupfer oder Zink direkt aus dem Wasser gewinnen, weil hier sprudelnde Schwarze Raucher ständig metallreiche Lösungen absondern.
Doch noch ist es billiger, die verbliebenen Erzlager zu erschließen, etwa in der Tiefsee. Dort lagern weltweit Schlämme, Sande und erzverkrustete Knollen, die nur auf eine geeignete Fördermethode warten. Die ökologischen Risiken dieser Vorhaben sind immens, da Mangan, Nickel oder Kobalt oft nur in den obersten Bodenschichten vorkommen, die weiträumig abgebaggert werden müssten. Es wird nicht leicht, die bisher kaum erforschte Tiefseefauna dabei nicht zu schädigen.
Rohstoffgeologen glauben auf Grund solcher vergleichsweise günstig abbaubaren Vorkommen, dass noch viele Jahre vergehen, bis der Metallhunger der Weltgesellschaft völlig nachhaltig aus alternativen Quellen gestillt werden kann. Umso erstaunlicher ist es, dass Nachhaltigkeit keine Erfindung des Club of Rome ist, sondern schon vom sächsischen Oberberghauptmann Hans Carl von Carlowitz erfunden wurde. Er forderte 1713, den ungezügelten Holzeinschlag zu begrenzen, der nötig war, um immer neue Stollen abzustützen. Nun wäre es vielleicht an der Zeit, diese Forderung auf unseren Metallhunger auszudehnen.
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