Demenz: Bluttest erkennt Alzheimer früh
Rund 1,7 Millionen Menschen in Deutschland leiden unter Demenz, und ihre Anzahl soll sich bis 2050 noch verdoppeln. Ein Großteil davon wird von Alzheimer verursacht, indem sich Proteinablagerungen, so genannte Beta-Amyloide, im Gehirn ansammeln, was Neurone zerstört und die Signalübertragung in unserem Denkapparat mehr und mehr unterbindet. Bislang gibt es keine Therapie gegen die neurodegenerative Krankheit, und auch die Früherkennung gestaltet sich noch sehr schwierig. Medizinern um Suzanne Schindler von der Washington University School of Medicine in St. Louis könnte nun jedoch ein wichtiger Durchbruch gelungen sein, wie sie in »Neurology« schreiben. Die Wissenschaftler haben einen Bluttest entwickelt, der die Alzheimerproteine nachweisen kann und damit Rückschlüsse auf das Gehirn zulässt – Jahre bevor tatsächlich die ersten Krankheitssymptome auftreten.
Dafür untersuchten sie das Blut von 158 Probanden, die über 50 Jahre alt waren, und verglichen die Ergebnisse mit Hirnscans dieser Personen, die bisher als Standardnachweis gelten. In 88 Prozent der Fälle stimmten die Resultate demnach überein, was Schindler und Co als Durchbruch bezeichnen. Als sichere Diagnose gilt dieser Wert allerdings noch nicht; für einen breiten Einsatz muss er verbessert werden. In einem zweiten Schritt kombinierte das Team den Test daher mit weiteren Parametern. Basis des Tests ist das Verhältnis der beiden Beta-Amyloid-Varianten 42 und 40 zueinander im Blut; sobald dieses bestimmt ist, vergleichen es die Forscher mit dem Alter der Patienten und dem Vorhandensein eines genetischen Einflussfaktors: Ab 65 verdoppelt sich alle fünf Jahre das Risiko, an Alzheimer zu erkranken. Zudem sorgen genetische Veränderungen in APOE4, einem Allel des Apolipoprotein-E-Gens, dafür, dass Träger dreimal häufiger an Alzheimer erkranken als Menschen ohne diese Variante.
Die Treffergenauigkeit des Tests erhöhte sich bei Einbeziehung dieser beiden Faktoren auf 94 Prozent. Dennoch sei auch dieser Wert noch nicht ausreichend, um ihn klinisch einzusetzen, betonen die Wissenschaftler: Dazu seien weitere Untersuchungen mit einem größeren Kreis an Probanden notwendig. »Es ist wichtig zu betonen, dass es sich nicht um einen Bluttest für Demenz handelt«, verdeutlichte der nicht an der Studie beteiligte James Pickett von der britischen Alzheimer's Society gegenüber der BBC. »Er ermittelt nur, dass sich im Gehirn Beta-Amyloide abgelagert haben, die auf Alzheimer hindeuten, die aber ebenso bei gesunden älteren Menschen vorkommen können.«
In ihrer Studie schreiben Schindler und Co auch, dass einige falsch positive Treffer dabei waren: Die Testpersonen hätten laut Bluttest Beta-Amyloide aufgewiesen, während ihre Hirnscans unauffällig waren. In manchen Fällen zeigten sich jedoch weitere vier Jahre später erste Auffälligkeiten, so dass der Test vielleicht sogar noch früher Hinweise auf ein Alzheimerrisiko liefern könnte.
Da es bislang keine Therapie gegen Alzheimer gibt, stellt sich natürlich die ethische Frage, ob (potenzielle) Patienten schon sehr frühzeitig erfahren wollen oder sollen, dass ihr Gehirn zukünftig irreparabel geschädigt wird. Allerdings könnten Therapieansätze womöglich umso besser wirken, je früher sie eingesetzt werden. Sobald die ersten Symptome einsetzen, ist es wohl zu spät, um Gegenmaßnahmen einzuleiten: Das Gehirn ist dann eventuell bereits zu stark geschädigt.
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