Placebo: Charakterfrage
Es muss nicht immer ein Schmerzmittel sein – manchmal genügt bereits ein Scheinmedikament ohne jeden Wirkstoff, und die Beschwerden verschwinden. Forscher um Jon-Kar Zubieta von der University of Michigan in Ann Arbor konnten zeigen: Wie gut ein solches Placebo hilft, ist auch eine Frage des Charakters.
Eine schmerzliche Erkenntnis, zumindest aus Sicht der 47 Versuchspersonen. Die Wissenschaftler spritzten ihnen eine starke Kochsalzlösung in die Kaumuskeln, was ein Brennen verursachte. Dabei sollten die Probanden angeben, wie gut ein zuvor verabreichtes, vermeintliches Medikament – in Wirklichkeit ein Placebo – gegen den unangenehmen Reiz half. Durch Persönlichkeitstests erfassten die Forscher außerdem typische Charaktereigenschaften der Teilnehmer.
Die Auswertung ergab: Wer sich im Persönlichkeitstest als ausgeglichenes Gemüt, besonders aufrichtig und altruistisch erwies, sprach eher auf das Placebo an. Bei Probanden, die leicht in Ärger gerieten, zeigte die Scheinbehandlung dagegen keinen Effekt.
Menschen, die besonders in sich ruhen, sind für eine Schmerztherapie durch Placebos empfänglich, schließen die Forscher. Dies spiegelt sich auch in vermehrter Ausschüttung körpereigener Opioide wider, die das Schmerzempfinden dämpfen.
Dieses Ergebnis könnte auch für die Entwicklung echter Schmerzmittel bedeutsam sein: Wenn Personen, bei denen bereits Scheinmedikamente einen deutlichen Effekt zeigen, von klinischen Studien ausgeschlossen würde, ließe sich die tatsächliche Wirksamkeit eines Medikaments genauer bestimmen.
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